Die Last des Lebens setzt unseren Füssen zu. Vor allem im Alter geraten sie oft aus der Form. Falls sie zwicken und zwacken: Wir können einiges tun, um die Treter wieder fit zu machen.
Text: Roland Grüter
Professor Victor Valderrabano ist einer der besten Orthopäden der Schweiz. Kommt er auf den menschlichen Fuss zu sprechen, schwingt in seinen Ausführungen Begeisterung, ja sogar Ehrfurcht mit. Er bezeichnet den Körperteil als mechanisches Meisterwerk: «Wer immer den Menschen erfunden hat – in der Konstruktion des Fusses hat er sich selbst übertroffen», schwärmt er anerkennend. 28 Knochen, gegen 30 Gelenke, 60 Muskeln, über 100 Bänder und 200 Sehnen wirken darin zusammen. «In einer Perfektion, die ihresgleichen sucht», sagt der Experte.
Drei Mal um den Globus
Unsere Füsse tragen uns durchschnittlich 130 000 Kilometer weit. Über die Jahre aber wird deren natürliches Dämpfsystem dünner, die Bänder und Sehnen verlieren an Elastizität, die Muskeln und Knochen schwinden. Der Fuss gerät aus der Form. Leichte Fehlstellungen und Belastungen, die wir in jungen Jahren problemlos kompensieren konnten, werden dadurch zum Problem. Mögliche Folgen: Schmerzen, Arthrose, Entzündungen und andere Gebresten.«Im Alter treten Verschleisserscheinungen an den Füssen häufiger auf», sagt Victor Valderrabano, der nach seiner Zusatzausbildung zum Orthopäden zusätzlich Biomechanik (Physik des Menschen) studierte, in Basel das Swiss Ortho Center leitet und an der Universität Basel lehrt.
80 Prozent der Leiden lassen sich konservativ behandeln, also ohne Operation: mit Pflege, tauglichem Schuhwerk, Einlagen, Übungen, mit Bewegung, Physiotherapie, aber auch mit der Reduktion des Körpergewichts. Denn mit jedem Schritt wirkt das Vier-bis Sechsfache unseres Gewichts auf die Füsse ein – beim Jogging ist es gar das Zehnfache.
Was weht tut – und was wir dagegen tun können
Der anatomische Abbau fängt zwar bereits mit 50 an, er lässt sich aber verlangsamen. Das wichtigste Rezept: aktiv bleiben. Denn verschonen wir Knochen, Sehnen, Bänder und Muskeln zu sehr von der Last des Lebens, werden diese schneller spröde oder dünner – also weniger leistungsfähig und damit anfälliger. Nur wer sich bewegt, hält sie in Schuss. Darüber hinaus hilft eine ausgewogene Ernährung: Vitamin C, genügend Eiweiss, Kalzium und Vitamin D3 werden im dritten Lebensabschnitt wichtiger. Folgende Deformationen treffen Orthopäden am häufigsten an:
Arthrose
Das wohl häufigste Fussleiden über 60 – meist sind am Fuss das Sprunggelenk, der Rückfuss und das Gelenk des grossen Zehs betroffen. Die Abnutzungserscheinungen können auf einen Unfall, langjährige Fehlstellungen oder auf Instabilitäten am Sprunggelenk zurückgehen – was zu schmerzhaften Entzündungen führen kann. Meist helfen konservative Therapien, also Einlagen, Infiltrationen von Gelenkschmiere (Hyaluronsäure) etc. Operative Eingriffe sind nur bei 20 Prozent der Betroffenen nötig. Apropos: Die heutigen Eingriffe sind schonend und erfolgreich, damit werden Knorpel-und Achsenkorrekturen vorgenommen. Bei endgradiger Arthrose des Sprunggelenks ist das künstliche Gelenk eine gute Option.
Knicksenkfuss
Ist der Musculus tibialis posterior – ein Muskel, der hinter dem Schienbein liegt und mit dem Fuss verbunden ist – stark und fit, hebt er den Mittelfuss an. Ermüdet dieser, senkt sich der Fuss ab. Die daran befestigten Bänder werden lasch, der Fuss wird platt. In den entsprechenden Therapien – Physiotherapie und Einlage – hebt man den Fuss wieder an. Auch tägliche Fuss-Selbstübungen sind essenziell. In Ausnahmefällen ist eine Operation erforderlich. Wichtig: Durch die Absenkung des Fusses wird dieser im Alter meist länger. Beim Schuhkauf darauf achten!
Hallux valgus/die krumme Grosszehe
Die Bänder können den grossen Zeh nicht länger gerade halten, durch den exzentrischen Zug der Sehnen kippt dieser leicht nach innen weg. Der äussere Teil des Knochens drückt gegen die Haut – und schmerzt. Ein Hallux valgus wird mitunter vererbt, geht auf grosse Belastungen oder auf Fehlstellungen, vor allem des Rückfusses, zurück. Wer frühzeitig damit beginnt: Physiotherapie und Haltungsübungen können den Zeh gerade halten. Allenfalls muss ein Hallux valgus aber chirurgisch wieder geradegerückt werden, um Folgeschäden zu verhindern, etwa Arthrose.
Fersensporn
Davon gibt es zwei Typen: der untere Fersensporn und der Achillessehnenfersensporn. Verursacht werden sie durch die Überlastung der Faszie an der Fusssohle, einer Art Matte, die im Fuss straff von vorne nach hinten gespannt ist und die Verkürzung der Wadenmuskulatur. Verkürzt sich diese Muskulatur, dann entwickelt sich am Ansatz eine chronische Entzündung, dadurch wächst eine Knochennase. Fersensporne lassen sich gut konservativ behandeln, etwa durch Dehnung der verkürzten Wadenmuskulatur oder mit Stosswellentherapien, Infiltrationen oder einer allfälligen Korrektur des Plattfusses. Von hundert Personen muss nur eine operiert werden.
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