Früher tanzten ihn Cowboys und Westernheldinnen, unterdessen die ganze Welt. Line Dance boomt auch in der Schweiz – und bei Pro Senectute Graubünden. Mitmachen kann man ohne Cowboystiefel, ohne Vorwissen und ohne Tanzpartner. Einzige Voraussetzung: Freude an Musik und Bewegung.
Text: Annegret Honegger
Grapevine, Scuff, Stomp, Tap und Shuffle – wer Line Dance lernt, lernt mit den Grundschritten auch eine neue Sprache. Eine, die nicht nur das Hirn auf Touren bringt, sondern den ganzen Körper. Kreislauf, Koordination, Konzentration, Beweglichkeit, Balance und Fitness profitieren. Aber das ist eigentlich Nebensache. Denn Line Dance macht vor allem eines: grossen Spass.
Das zeigt sich auch im Anfängerkurs von Susanne Züger in Ilanz am Mittwochnachmittag. Die Kursleiterin steht mit dem Rücken zur Gruppe vorne und erklärt die Choreografie von «My very first dance», einem Tanz auf dem Niveau «Absolute Beginners» zum Stück «Out of Sight». Er besteht aus vier Folgen von je acht Schritten mit einer Vierteldrehung am Schluss. Nach 32 Schritten geht es – nun vor der nächsten Wand im Gegenuhrzeigersinn stehend – wieder von vorne los.
Walk rechts, links, rechts, Kick links, Walk back links, rechts, links … was auf dem «Step Sheet», dem Blatt mit der Schrittbeschreibung, technisch klingt, kapieren Köpfe und Füsse der Teilnehmenden schnell. Die Line-Dance-Lehrerin motiviert und erklärt, zeigt hier eine Schrittkombination genauer, gibt dort mit dem Finger ein Zeichen in die richtige Richtung oder einen Tipp, wenns harzt. Viele Schritte sind aus Standard-Tänzen bekannt und einfach zu lernen. Wer den Dreh raus hat, kann zusätzliche Elemente einbauen. Auf dem falschen Fuss gelandet? Fast mit der Nachbarin kollidiert? Kein Problem im Line Dance, denn: «Fehler gibt es nicht, nur Variationen.»
Zuerst ohne, dann mit Musik und stufenweise schneller bis zum Originaltempo erarbeitet Susanne Züger Schritt für Schritt ein erstes Repertoire. Mit jedem Durchgang klappt es besser mit vorwärts, rückwärts, links, rechts, Ferse, Spitze, tappen, kicken, überkreuzen und drehen. Je entspannter der Körper, desto gelöster die Stimmung – und umgekehrt.
Cowboy-Hut und -Boots gehören längst nicht mehr zur Line-Dance-Ausrüstung, erklärt Susanne Züger. Man tanze heute nicht nur zu Country-Klängen, sondern auch zu Pop, Rock oder Walzer. Die Choreografien vom Klassiker bis zu aktuellen Stücken aus der Hitparade sind rund um den Globus die gleichen: «So können alle miteinander tanzen, egal ob im Tessin, in der Romandie, in der Deutschschweiz oder weltweit.»
Die Line-Dance-Szene in der Schweiz sei wie eine grosse Familie. Man trifft sich an Tanzabenden und Partys, wo auch Neulinge willkommen sind. Überhaupt eigne sich Line Dance als Hobby für fast alle, «egal ob alt, jung, dünn, dick, fit oder gemütlich». Von einfachen Tänzen bis zu komplexen Choreografien, bei denen man sich über hundert Schritte merken muss, ist für Herausforderungen auf jedem Niveau gesorgt.
Bei den Anfängerinnen und Anfängern in Ilanz rauchen nach einer Stunde die Köpfe und die Gehirne glühen vom neu Gelernten. Die glücklichen Gesichter zeigen, was auch die Wissenschaft weiss: Tanzen ist wie eine Wohlfühlmassage für die grauen Zellen und die beste Medizin fürs psychische und physische Wohlbefinden.
«Weil mir rechts und links Mühe macht, zögerte ich mit der Anmeldung. Zum Glück habe ich meine Angst überwunden, denn Line Dance ist einfach ‘de Plausch’!», schwärmt eine Einsteigerin. Wie sie mussten sich einige einen Ruck geben, etwas Neues zu wagen. Andere entdecken die Tanzfreude von früher wieder oder geniessen es, auch ohne Partner in einer netten Gruppe das Tanzbein zu schwingen.
Dass Line Dance den Körper von Fuss bis Kopf fordert, bestätigen alle: «Zum Fenster hinausschauen oder an der Einkaufsliste herumstudieren liegt nicht drin.» Ein letztes Mal noch verlangt Susanne Züger volle Konzentration und repetiert zum Schluss das bisher Gelernte: «Jetzt aber einen Tick schneller. Fünf, sechs, sieben, acht …»
Tanzen nach ganz verschiedenen Rhythmen, in einer Linie oder in Gruppenformationen, mit und ohne Tanzpartnerin: Pro Senectute Graubünden bietet Line-Dance-Kurse für Anfängerinnen und Anfänger sowie für Fortgeschrittene in Chur und in Ilanz, aber auch viele weitere Tanz- und Bewegungskurse. Das Kurs- und Veranstaltungsprogramm «envista» erscheint halbjährlich, das nächste Mal im Juli. Es kann kostenlos unter Telefon 081 300 35 35 bestellt oder unter gr.prosenectute.ch/envista heruntergeladen werden.
Angebote in Ihrer Nähe finden Sie bei Pro Senectute in Ihrer Region. Adressen auf prosenectute.ch oder unter Infoline 058 591 15 15.
Das Thema interessiert Sie?
Werden Sie Abonnent/in der Zeitlupe.
Neben den Print-Ausgaben der Zeitlupe erhalten Sie Zugang zu sämtlichen Online-Inhalten von zeitlupe.ch, können sich alle Magazin-Artikel mit Hördateien vorlesen lassen und erhalten Zugang zur Online-Community «Treffpunkt».
Um diese Website optimal bereitzustellen, verwenden wir Cookies.
Mit der Nutzung dieser Website stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Erfahren Sie mehr in der
Datenschutzerklärung.