Wie wir Abschied nehmen

Marianne Noser,
Chefredaktorin
© Sonja Ruckstuhl

Mein Grossvater mütterlicherseits war ein Mann wie ein Baum. Gross und stark, trotzdem sanftmütig und herzensgut. Er pflegte seinen Garten mit viel Liebe,
tanzte leidenschaftlich gern, war ein begeisterter Schütze und sorgte im Quartier mit seinem Schwyzerörgeli für beschwingte Stunden. Ich mochte ihn sehr und war dementsprechend betrübt, als er starb. Ich war damals gut 15 Jahre alt und seine Beerdigung war die erste, die mir recht genau in Erinnerung geblieben ist.

Nachdem die Urnenbeisetzung und der Abdankungsgottesdienst vorbei waren, ging es zum Leichenmahl in ein Restaurant. War die Stimmung auf dem Friedhof und in der Kirche noch still und von Schmerz getragen gewesen, kehrte schon beim Apéro Leben in die Trauergesellschaft zurück. Viele der Verwandten, Freundinnen und Bekannten hatten sich lange nicht gesehen und viel zu erzählen. Beim Essen wurden Anekdoten und Geschichten über den Verstorbenen zum Besten gegeben, man lachte, diskutierte, scherzte, und je später der Nachmittag, desto lockerer wurde die Gästeschar. Mich befremdete das damals sehr. Wie konnten sie nur, wo doch mein geliebter Grossvater erst vor Kurzem von uns gegangen war!

Mittlerweile sehe ich das anders und ich weiss, wie befreiend nebst den Tränen auch das Lachen sein kann, um mit dem Tod eines Menschen umzugehen. Deshalb freut es mich, dass eine Abschiedsfeier heute viel freier und individueller gestaltet werden kann als früher. Was rund um die Bestattung alles möglich ist, warum sich Erfolgsautorin Blanca Imboden auch in ihrem neuen Buch mit Sterben und Tod befasst und wie Zeitlupe-Redaktor Roland Grüter über ein Medium Kontakt mit seinem verstorbenen Partner aufgenommen hat, das lesen Sie im Schwerpunkt dieser Ausgabe. Ich wünsche Ihnen eine inspirierende Lektüre.

Marianne Noser, Chefredaktorin

Ist nichts nichts?

Mit dieser Frage beschäftigt sich das Museum für Kommunikation in Bern und zeigt in einer ungewöhnlichen Ausstellung scheinbar Nichtiges. Bis zum 21. Juli stehen dabei die im Alltag oft übersehenen kleinen Dinge im Zentrum und erlauben überraschende Begegnungen.
Museum für Kommunikation, Helvetiastrasse 16, 3000 Bern 6, Telefon 031 357 55 55, communication@mfk.ch

 

Beitrag vom 15.01.2024