Dreissig Jahre fuhr Georges Roth Taxi in der Stadt Zürich. Heute wandert der 86-Jährige aus Ibach SZ gern und ist begeistert vom öffentlichen Verkehr.
In meinem Leben drehte sich fast alles ums Auto. Schon als Bub bewunderte ich im Aargauer Wynental täglich die Fahrzeuge bei uns im Dorf. Natürlich konnten sich zu jener Zeit erst die wenigsten ein Auto leisten.
Für die Lehre als Automechaniker fehlte mir ein Bezirksschuljahr. So lernte ich Bauspengler und absolvierte später die Hotelfachschule in Luzern. Eine Zeit lang fuhr ich als Chauffeur für die Migros durch den Kanton. Die ersten Verkaufswagen waren damals so verpönt, dass ich einmal sogar mit einer Peitsche angegriffen wurde.
Taxifahrer in Zürich wurde ich ohne jegliche Ortskenntnisse. Mein erster Kunde, der von Oerlikon zum Hauptbahnhof wollte, musste mir den Weg erklären … Mir gefielen die Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Fahrgästen. Unglaublich, wie viel einem die Leute erzählen. Das Taxi ist eine Art fahrender Beichtstuhl. Dabei lernte ich: Die Reichen haben zwar mehr Geld als andere, aber genauso viele Sorgen.
Im Auto war ich in meinem Element – egal, ob ich fuhr oder stand. In der Wartezeit las ich und hörte Radio. Doch die Freude endete nach 28 Jahren, als mich eines Morgens zwei Männer überfielen. Mein Grundvertrauen war erschüttert. Meine Frau und ich zogen nach Spanien und kehrten erst vor fünf Jahren in die Schweiz zurück.
Heute bin ich Witwer und lebe im Alterszentrum. Dass ich den Fahrausweis abgegeben habe und kein Auto mehr besitze, bereitet mir weniger Probleme als befürchtet. Die schönen Zeiten, in denen es auf unseren Strassen kaum Verkehr und Vorschriften gab, sind sowieso längst vorbei.
Dafür habe ich das Wandern entdeckt. Und geniesse es, mich von Zug und Bus chauffieren zu lassen. Einfach hineinzusitzen und die Aussicht zu bewundern, das ist herrlich!
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