In kurzen Hosen zur Hochzeit

Doppelhochzeit von Vreneli und Urseli in den Sommerferien 1943: Das Foto stammt aus dem Album von Verena Uetz-Manser aus Bassersdorf ZH.

Zwei Leiterwagen als Kut­schen, Vorhänge als Schleier, Blumen fürs Haar, eine Rüeblitorte zum Zvieri, Vorhangringli als Eheringe … Unsere Liste für die Hochzeitsvorbereitung war lang. Ein Nachbarsbub wurde als Zugpferd eingespannt, zwei Freundinnen zum Schleiertragen. Unsere Nachbarinnen schmückten die Kutschen und der Bauer musste die grosse Wiese hinter dem Haus mähen.

Die Bräute waren meine Schwester und ich, damals acht und sechs Jahre alt. Urseli bestimmte meist, was wir spielten und auch wen wir heirateten. Wie wir die Buben zum Mitmachen brachten, weiss ich nicht mehr. Aber ich erinnere mich an die Neckereien, weil ihr Bräutigam stotterte und meiner eine Zahnlücke hatte … Zu unserer Entrüs­tung – das Foto zeigt es – beharrten die Buben auf ihren kurzen Hosen.

Doppelhochzeit: Acht Kinder sitzen in geschmückten Leiterwagen und spielen Hochzeit, um 1943.
© zVg

Unsere Mutter organisierte eine richtige Fotografin und gestaltete für uns Mädchen je ein herzförmiges klei­nes Album von diesem denkwürdigen Tag. Meine Schwester und ich blieben uns immer eng verbunden, aber seit sie dement ist, können wir nicht mehr über unsere Kindheitserlebnisse reden. Es tut weh, die Erinnerungen nicht mehr zu teilen und jemanden zu verlieren, der früher so voller Energie war.

Ich blieb fast mein ganzes Leben in Bassersdorf, wo auch unsere Kinder auf­wuchsen. Von meiner Mutter, der Kin­derbuchautorin Gretel Manser-Kupp, habe ich die Liebe zur Musik und zum Schreiben geerbt. Nach langen Jahren als Klavierlehrerin spiele ich heute nur noch für mich selbst und schreibe am Ordner mit der Familiengeschichte wei­ter. Ich war 76, als ich zum ersten Mal darin las – genauso alt wie meine Mut­ter, als sie ihre Erinnerungen festhielt.

Aufgezeichnet von Annegret Honegger

Beitrag vom 10.08.2020