© Usch Vollenwyder

Wandern im Gäbelbachtal

Am westlichen Stadtrand von Bern liegt das romantische Gäbelbachtal. Die rund zweieinhalbstündige Wanderung von Riedbach nach Hinterkappelen, immer dem Wasser entlang, lässt die Stadtnähe vergessen. Verpflegung gibt es aus dem Rucksack.

Text: Usch Vollenwyder

Im Halbstundentakt verlässt die S-Bahn den Bahnhof Bern Richtung Kerzers; nach zehn Minuten und drei Stationen ist der Stadtrand erreicht. Vom Bahnhof Bern Brünnen blickt man hinunter auf die Tramgeleise und die eigenwillige Konstruktion von Westside: Das grosse Freizeit- und Einkaufszentrum mit dem Erlebnisbad Bernaqua und einem Multiplex-Kino entstand unter der Leitung des weltweit bekannten Architekten Daniel Libeskind und wurde 2008 eröffnet. Der Zug fährt wieder an und nur eine Station weiter wähnt man sich bereits weitab jeder Stadt: Riedbach ist ein kleiner Weiler inmitten von Feldern und Wiesen.

Vom Bahnhof aus geht es in einer knappen Viertelstunde auf einer nur wenig befahrenen Teerstrasse hinunter ins Tal zur Mühle Riedbach; das gleichnamige Restaurant ist nur an den Wochenenden ganztags geöffnet. Dort zeigt der Wegweiser Richtung Osten ins Gäbelbachtal – von den Bernerinnen und Bernern wird ihr Naherholungsgebiet «ds Gäbubachtäli» genannt. Eine Viertelstunde noch führt der Wanderweg über Ackerland, Weiden und vorbei an den Gewächshäusern einer grossen Gärtnerei. Dann ist der Waldrand erreicht. Der schmale Weg biegt ab und nach wenigen Schritten steht man am Wasser des Gäbelbachs.

Stadtwärts

Der gut ausgeschilderte Wanderweg – immer Richtung Stadt – führt durch lichten Laubwald, unterquert die Autobahn, steigt an, fällt wieder hinunter ans Wasser, führt über kleine Holzbrücken, den leicht ansteigenden Hang entlang und an Lichtungen vorbei. Sonnenstrahlen fallen durch die Bäume, die ersten farbigen Blätter liegen am Boden. Der Lärm der Autobahn wird leiser, Vogelpfeifen, Kuhglocken und das Rauschen und Gurgeln des Bächleins sind zu hören. Nur vereinzelt sind Jogger, Wanderer und Hundespaziergängerinnen unterwegs.

Nach rund einer Stunde mündet der Wanderweg in einen Tunnel. Auf einer Holzkonstruktion in der Mitte des Baches führt er unter der stark befahrenen Murtenstrasse hindurch. Die Stadt ist nahe. Über den Bäumen sind die obersten Stockwerke eines der Gäbelbach-Wohnblöcke zu sehen. Sie gehören mit weiteren Hochhaussiedlungen zum Berner Quartier Bethlehem. Gebaut in den Sechziger- und Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts, sind sie im Bauinventar der Stadt zum Teil als schützenswert eingestuft. Heute leben in Bern-Bethlehem gegen 15‘000 Menschen, mehr als ein Drittel von ihnen mit ausländischem Pass.

Die Wanderung durchs «Gäbubachtäli» geht weiter dem Wasser entlang bis zum Tiergehege Gäbelbach mit seinen Ziegen, Kaninchen und Hühnern, Sittichen und Tauben. Die Brücke über den Bach trägt den Namen «Napoleonsbrücke»: Über diese Brücke sollen 1798 die französischen Truppen den bernischen Staatsschatz transportiert haben, um damit Napoleons Ägyptenfeldzug zu finanzieren. Die Brätlistelle direkt am Wasser lädt zum Verweilen ein. Die Verpflegung kommt aus dem Rucksack, am Wanderweg durchs Gäbelbachtal wartet kein Restaurant. Es riecht nach feuchter Erde und Pilzen.

Schilfgebiet und Schrebergärten

Bis zur Überbauung Eymatt folgt der Wanderweg einem eingefassten Kanal – er sieht aus wie eine der Walliser Suonen, die sich dem Berghang entlang ziehen. Bald ist der Waldrand erreicht und man bekommt die Kraft der warmen Herbstsonne zu spüren. Nach wenigen Schritten schon biegt ein schmaler Weg ab und folgt dem Hauptlaufs des Gäbelbachs hinunter Richtung Aare. Linkerhand dehnt sich das Schilfgebiet aus, das zum Wasser- und Zugvogelreservat Wohlensee gehört. Rechts zieht sich eine herausgeputzte Schrebergartenanlage hin. Enten schnattern, im Schilf raschelt es. Ein Plakat macht darauf aufmerksam, dass das Füttern von Wasservögeln verboten ist.

Der letzte Wegabschnitt führt unter der markanten Kappelenbrücke hindurch. 1920 erbaut, verbindet die fast 200 Meter lange Betonkonstruktion Bern-Bethlehem mit Hinterkappelen. Spaziergängerinnen, Wanderer und Velofahrende überqueren die träge dahinfliessende Aare, die schon bald in den Wohlensee mündet, auf dem nahen Stägmatt Steg. Nur noch kurz ist danach der Aufstieg auf der Teerstrasse bis hinauf nach Hinterkappelen zur Busstation, von wo aus das Postauto in regelmässigen Abständen zurück in die Hauptstadt fährt.

Internetadresse: www.naturbernwest.ch

Beitrag vom 16.10.2019
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