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Gute Vorsätze 8. April 2020

Zeitlupe-Redaktorin Usch Vollenwyder ist 69 Jahre alt. Als Angehörige der Risikogruppe erzählt sie aus ihrem Alltag im bernischen Gürbetal. Heute: von zunehmenden Pfunden und Homegymnastik.

In unserem Zeitlupe-WhatsApp-Chat ist eine Nachricht von meinem jungen Redaktionskollegen: «Toll! SRF schickt nächste Woche Adriano ins Rennen!» Die Sendung «Fit mit Adriano» richte sich insbesondere an Personen fortgeschrittenen Alters; im Fokus stünden einfache Mobilitäts- und Kräftigungsübungen. Muss man über diesen Adriano Bescheid wissen? Ich kenne nur Adriano Celentano und erinnere mich an «Fit mit Jack», die Kultsendung mit dem Vorturner der Schweizer Fernsehnation in den Siebzigerjahren. Trotzdem bekomme ich sofort ein schlechtes Gewissen.  

Seit auch mein Physiozentrum mit den verschiedenen Fitnessgeräten geschlossen ist, bleibt es bei den guten Vorsätzen: Das blaue Theraband hängt unbenutzt über dem Treppengeländer, die Turnmatte steht in der Ecke neben dem Kleiderschrank, und der Hometrainer lagert versteckt in einem Nebenraum. Dabei nehme ich mir regelmässig vor, endlich mit Homegymnastik zu beginnen. Manchmal gelingt es kurz am Morgen: Noch im Bett strecke ich beide Beine, ziehe die Füsse an, halte ein paar Sekunden die Spannung und strecke sie wieder aus. Dann locken mich auch schon das schöne Wetter, ein Kaffee oder die Morgennachrichten aus dem Schlafzimmer.

Gleichzeitig fordern die Kochkünste meines Mannes und die traditionelle Flasche Rotwein am Abend in Kombination mit der Haupttätigkeit Sitzen – vor dem PC, am Küchentisch, im Lesesessel, auf der Gartenbank – ihren Tribut in Form zunehmender Rundungen um Bauch und Hüften. Die Waage ist der Beweis – trotzdem blieb ich immun gegen Bewegungstipps und -tricks aus dem Internet, motivierende Hinweise von Pro Senectute, Übungen in Zeitschriften oder gut gemeinte Bewegungssequenzen am Fernsehen. Bis jetzt. Die beiden wöchentlichen Termine mit Adriano werde ich wohl schaffen. 

Und so stehe ich parat, als am Dienstagmorgen um neun Uhr das Sportsignet von SRF auf dem Bildschirm erscheint und ich gleich darauf von einem attraktiven Mittvierziger in dunkelblauem Trainer und charmantem Bündnerdialekt begrüsst werde. Diskussionslos komme ich seiner Aufforderung nach und ziehe als Erstes die Socken aus. Zu diskreter Hintergrundmusik wiederhole ich während der nächsten 25 Minuten seine Übungen für Bauch und Rumpf, für Rücken und Hüften – ächzend, stöhnend und ziemlich unelegant. Ein Glück nur, dass mich niemand sieht.  

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Beitrag vom 08.04.2020
Usch Vollenwyder

Zeitlupe-Redaktorin

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