
Sommer im Park von Bad Krozingen
Regelmässig erreichen uns Geschichten, Texte und Zuschriften von unseren Leserinnen und Lesern. Diese wollen wir Ihnen nicht vorenthalten. Heute: eine Kurzgeschichte von Rolf Stirnemann.
Ich befinde mich hier am Neumagenfluss, der von Bad Krozingen herkommt. Der Himmel ist bedeckt. Ich höre das Zwitschern der Vögel und lausche dem Rauschen des kleinen Flusses, der bei Gewitter sehr bedrohlich ansteigen kann. Die Blätter haben sich in ein helles und warmes Grün verfärbt, und jegliche Farbnuancen sind jetzt zu sehen. Von einem tief grünen bis zu einem hellen Grünton sind alle Farbschattierungen zu bestaunen.
Vor mir sind eine ganze Schar Spatzen und Buchfinken auf dem schmalen Weg. Mücken tanzen auf meiner Augenhöhe. Es herrscht hier eine sehr friedliche und eindrucksvolle Stimmung. Das Wasser fliesst unablässig seinen Lauf. Es fragt niemanden. Und immer wieder ist das Bild des Wassers anders. Es gibt millionenfache Variationen. Ich sehe hier die Steine, die aus dem Wasser ragen. Dort ist ein Gebüsch im Wasser, das den Fluss mitgenommen hat. Am Ufer hat es Efeu am Baumstrunk einer Eiche. Ich geniesse diese entspannende Ruhe. Die verdorrten Blätter am Boden. Die Ameisen, die eilends davon hasten. Und immer wieder höre ich die Taube in den Baumwipfeln. Der Wind streicht mir ums Gesicht. Das Paradies auf Erden.
Ich bewege mich auf einem Stück zum Teil verdorrten Rasen. Dazwischen gibt es viel Moos. Ich bin jetzt in einer Waldlichtung. Umgeben von vielen alten Bäumen. Wenn diese Bäume reden könnten! Sie hätten eine sehr lange Geschichte zu erzählen. Die einen stehen etwas schief in der Gegend. Die anderen sind fast gerade gegen den Himmel gerichtet. Und wiederum andere haben ein schönes grünes Kleid angezogen. Und der Wind rauscht durch die Baumwipfeln. Ich nehme das Rauschen des Baches wahr. Und ich spüre den weichen Rasen unter meinen Füssen.
Es ist ein angenehmes Gefühl, hier draussen zu sein. Die Natur zu beobachten. Den warmen Wind zu spüren. Die Vögel zu hören. Und einfach da zu sein. Gerüche vom Waldboden. Von den Blättern. Oder der starke Geruch der vielen roten Rosen, die meine Augen und Sinne erfreuen. Und immer wieder höre ich die Taube, die mir zuruft. Was will sie mir wohl sagen? Ich möchte jetzt am liebsten zu ihr in die hohen Baumwipfeln fliegen, um sie zu streicheln. Vielleicht mag sie das? Oder vielleicht auch nicht? Und ihr in ihre Augen zu schauen. Sie zwinkert mir zu. Die Welt ist für uns beide in Ordnung.


Eine Bachstelze steht ungefähr fünf Meter von mir entfernt. Sie hält den Kopf etwas geneigt. Es ist, als ob sie mich beobachtet. Wie nimmt sie mich wahr? Ihr Kopf bewegt sich hin und her. Ihr Körper ist ganz ruhig. Was möchte sie mir wohl zuflüstern? Ja, das Leben einer Bachstelze ist nicht immer einfach. Sie muss immer aufpassen, dass sie vom Fluss nicht mitgerissen wird. Aber sie hat eine Technik entwickelt, die es ihr erlaubt, auf den glitschigen Steinen verweilen zu können. Ohne auszugleiten. Wer hat ihr gesagt, wie sie das machen muss?
Ich beobachte zwei Krähen, die auf der Suche nach etwas Fressbarem sind. Wie man ja weiss, fressen Krähen beinahe alles, was ihnen vor den Schnabel gerät. Sie stolziert davon. Sie zeigt Grösse und Stil. Und ein besonderes Gehabe: «Ich bin hier die Chefin.» Sie wackelt durch das Gras und geht auf den Weg zu. Was führt sie nur im Schild? Diese Krähe, dieses schwarze, vornehme Tier. Ich mag Krähen, wie sie «gumpen». Hat sie wohl Freude am Leben als Krähe?
Das würde uns Menschen guttun. Sie hat etwas entdeckt. Ja. Sie pickt etwas auf. Ein verirrter Wurm oder ein Insekt? Jetzt kommt eine andere Krähe. Die Beiden gehen einander aus dem Weg. Oder tun sie einfach so?
Ich erblicke ein Gebüsch, das mir besonders durch die verschiedenfarbigen Blätter auffällt. Es ist ein wunderschöner Ahorn mitten im Park. Diese Blätter sind in einer solch wunderschönen und vielfarbigen Art vorhanden. Das Rostrot gibt es in vielen Variationen. Der Ahorn steht hier inmitten hoher Bäume, an denen Efeu emporwächst. Er ist für mich ein besonderes Prunkstück. Weist er doch unten verschiedene Farbnuancen auf, von der Seite wiederum andere Farben, und wenn man weiter weg steht, dann sieht man aus der neuen Perspektive nochmals andere Farben.
Eine ganz interessante Farbkombination ist das für mich. So bunt, wie das Leben sein könnte. Und wenn ich mir jetzt vorstelle, wenn die Sonne durch die Blätter hindurch scheinen würde – wie würden da die Blätter nochmals einen neuen Hauch von Schönheit bekommen? Aber die Sonne wird heute nicht durch die Wolken durchkommen. Ich geniesse diesen Tag trotzdem, oder gerade deswegen.


Diese Stunden und Minuten, um dies alles einzufangen. Diese Momente erzeugen bei mir grosse Freude. Freude am Leben. Genugtuung, Friede. Es ist eine Fülle von Eindrücken, die auf mich einwirken und ich habe auch das Gefühl, dass ich all diese Eindrücke sehr gut verarbeiten kann. Und die Stimmung hier im Park ist aussergewöhnlich beruhigend.
Etwas weiter von mir entfernt entdecke ich ein Lavendel. Dieser intensive und gleichzeitig liebliche Geruch sticht mir in die Nase und auch hier werde ich in Sekundenschnelle in jene Zeit zurück versetzt, wo meine Mutter jedes Jahr Lavendelsäckli nähte und den getrockneten Lavendel aus unserem Garten in diese Säcklein einbrachte. Diese landeten dann sehr gezielt in unseren Kleiderkästen, sodass es immer nach Lavendel roch, wenn man den Kleiderschrank öffnete.
An den Park angrenzend hatte ein Bauer in der Früh Gras gemäht. Wenn ich diesen Geruch wahrnehme, werde ich sofort in meine Kindheit zurück katapultiert; damals, als wir Schulkinder noch «Heuferien» bekamen, wenn das Wetter gut war und die Bauern heuen mussten. Und wenn dann das geschnittene Gras zu Heu wurde, ergab sich nochmals ein neuer Geruch von frischem Heu. Wunderbar, wie unser Gehirn durch das Wahrnehmen eines Geruchs sofort die «richtige Schublade» zieht!
Ich gehe jetzt zum Rosenpark. Es empfängt mich eine weitere Fülle von wunderschönen roten Rosen, deren Duft weitherum wahrnehmbar ist. Ich bekomme nicht genug vom Anblick dieser Rosen. Ich geniesse diese Ruhe. Diese Ruhe wird jetzt unterbrochen durch eine Bahn, die in unmittelbarer Nähe vorbei zischt. Und schon ist sie weg und man hört nur noch aus weiter Entfernung das leise Rauschen.
Ich beobachte ein Eichhörnchen, das einen Baum hochklettert. Es handelt sich um einen Tulpenbaum. Herkunft: Nordamerika. Höhe rund 20 bis 35 Meter. (So hiess es auf einer Tafel neben dem Baum.) In der Zwischenzeit ist das Eichhörnchen wieder vom Baum heruntergeklettert und sucht sich eine Nuss, die es versteckt hatte. Ein anmutiges Tier. Es besticht durch den grossen, schönen und buschigen Schwanz. Die schwarzen, kugelrunden Augen sind äusserst aufmerksam.
Jetzt befinde ich mich in meinem geliebten Kräutergarten. So etwas hatte ich vorher noch nie gesehen, erlebt und den Geruch eingesogen all jener Kräutersträucher, die da gepflanzt wurden. Die Fülle der Gerüche ist unglaublich umfangreich; an Sommerabenden «erschlägt» es einen fast: Rosmarin, Basilikum, Oregano, dazwischen Rosendüfte, um nur ein paar zu nennen. Von weither höre ich das Glockengeläute, ansonsten ist es mystisch still. Das sind dann auch wieder solche Momente, welche ich in vollen Zügen geniesse.
Nun nähere ich mich der Stadt und der Lärm wird immer intensiver und mit der Ruhe ist es jetzt bald vorbei. Ich gehe in das Gewühl einer Stadt und gehe zum Lammplatz. Dieser Platz hat es mir angetan. In einem Bistro, das draussen Stühle und Bänke hingestellt hat, geniesse ich einen feinen Espresso. Dazu darf jedoch ein Stück Schwarzwäldertorte nicht fehlen! Das sind Genussmomente pur.
Fazit meiner Erlebnisse: Ablenkung durch Gerüche, Düfte und Geräusche können für mich ein heilsame Wirkung haben.
Bad Krozingen
ist eine grosse Kreisstadt und ein Kurort im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald in Baden-Württemberg (D). Einwohner: 21755.
Der Kurpark Bad Krozingen ist die grüne Lunge der Stadt. Über 40 Hektare erstreckt er sich zwischen Kurgebiet und dem Kernort. Im Stil der englischen Gärten angelegt, bietet der Kurpark gerade im Frühling und im Sommer einen prächtigen, farbenfrohen Anblick.
Entlang des Flüsschens Neumagen kann man durch den Kurpark spazieren und den alten Baumbestand bewundern. Viele der seltenen Bäume haben eine kleine Informationstafel, auf der sowohl der lateinische als auch der deutsche Name vermerkt ist. Die Wege sind teilweise gepflastert, in regelmässigen Abständen finden sich Sitzgelegenheiten zum Ausruhen.
Das Wahrzeichen des Kurparks sind neben den vielen, bunten Blumenbeeten die beiden Blumenpfauen vor dem Kurhaus. Im Kurhaus selbst können Besucher nach einem Spaziergang zu Kaffee und Kuchen oder auch zum Essen einkehren. Besondere Highlights sind der farbenfrohe Daliengarten, Rosenbeete und der Duft- und Kräutergarten.
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