Gruseln beim Piz Mundaun
Das Schweizer Computerspiel «Mundaun» ist nicht nur wunderschön. Es jagt auch wohlige Schauer über den Rücken.
Von Marc Bodmer
Über sechs Jahre hat der Luzerner Michel Ziegler an seinem Computerspiel «Mundaun» gearbeitet. Bild um Bild mit Bleistift und Grafit erschaffen, eingescannt und animiert. Der Spieldesigner hat auch das gesamte Game selber programmiert und geschrieben. Die Region um den Piz Mundaun kennt er von Kindsbeinen an. «Meine Familie hatte eine Ferienwohnung in Platenga. Die Region Obersaxen war wie meine zweite Heimat und ist Ausgangspunkt der Spielwelt.»
Seine Vision von Mundaun ist düster. Erinnerungen an Gotthelfs «Schwarze Spinne» werden wach. Was hat der Pfarrer von Mundaun – mit dem treffenden Namen Jeremias – zu verbergen? Er hat zwar den Protagonisten Curdin über den Tod seines Grossvaters informiert, aber sonst nur gelogen. Wieso ist dessen Stall abgebrannt? Warum wurde die verkohlte Leiche seines «Nons» einfach dort hockengelassen?
Teufel in Menschengestalt
Diese Fragen will Curdin klären, doch das ist alles andere als einfach. Noch am Tag seiner Ankunft versengt ihm ein Teufel in Menschengestalt die Hand, als er ihm diese zum Gruss reicht, und verschwindet so plötzlich, wie er gekommen war. Diese düstere Macht scheint die Region im Griff zu haben. Mächtige Strohmänner schlurfen durch die Nacht. Man kann sie zwar mit der Heugabel piksen, aber das ist keine gute Idee. Denn wer ihnen zu nahekommt, bezahlt mit dem Leben. Zum Glück lassen sich die Kerle abfackeln, wenn man sie rechtzeitig sieht.
«Mundaun» verströmt einen klebrigen Grusel, der Freude erstickt und Unsicherheit verbreitet. Das zehrt an den Nerven, wenn man Hinweise über die vergangenen Geschehnisse sucht, Schlüssel ausgräbt und den mysteriösen Vorgängen auf den Grund gehen will.
Ein Herzensprojekt
In manchen Momenten merkt man auch, dass «Mundaun» eine unabhängige Produktion ist. So zeigt sich die Spielsteuerung gelegentlich etwas sperrig. Man bleibt in Türdurchgängen hängen, wenn man nicht ganz sauber durch die Öffnung navigiert. Steigungen im Gelände sind im Grauweiss teilweise schwer einzuschätzen. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass Michel Ziegler auf starke Kontraste verzichtet, was zur Atmosphäre und der Schönheit des Titels beiträgt, aber die Spielbarkeit für Menschen, die nicht mehr so gut sehen, einschränkt.
«Mundaun» ist kein geschliffenes Multimillionen-Game, sondern ein Herzensprojekt, mit dem Michel Ziegler ein gehöriges Risiko eingegangen ist. «Man exponiert sich schon, wenn man an einem solchen Spiel während fast sieben Jahren arbeitet», sagt der Game-Macher. Wie kompromisslos der Game-Designer vorgegangen ist, zeigt sich auch darin, dass im Spiel nicht Deutsch oder Englisch gesprochen wird, sondern Rätoromanisch. Und erst noch verschiedene Idiome. Das Gesagte wird auf Untertiteln eingedeutscht. So eigen und eigenwillig «Mundaun» ist: Es ist zu erwarten, dass das erste Schweizer Horrorspiel seine Nische finden wird, denn es ist wirklich aussergewöhnlich.
Mundaun, Hidden Fields, PC via Steam/PS4/Xbox One
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