Welche Stolperfallen lauern in meinem Haus? Und wie steht es körperlich um Kraft und Gleichgewicht? Bei der «sturz-präventiven Abklärung» weist eine Expertin von Pro Senectute Kanton Solothurn auf Gefahren in der eigenen Wohnung hin und empfiehlt Massnahmen, die das persönliche Sturzrisiko vermindern.
Text: Annegret Honegger
Sind alle Räume ausreichend beleuchtet? Ist der Briefkasten einfach zu erreichen? Liegen lose Kabel oder Teppiche herum? Hat die Treppe einen Handlauf? Der Fragebogen der Beratungsstelle für Unfallverhütung und Kim-Anja Jerjen wollen es genau wissen. Jedes Detail erfasst die Fachfrau von Pro Senectute Kanton Solothurn beim Rundgang im und ums Haus von Romy Picenoni. Die 68-Jährige aus Boningen SO ist mehrmals gestürzt und soll nun mithilfe von Pro Senectute wieder Sicherheit und Selbstständigkeit gewinnen.
Gemeinsam gehen die beiden Frauen von Zimmer zu Zimmer. Im Bad lobt Kim-Anja Jerjen die begehbare Dusche oder den Haltegriff beim WC. Bloss das Badetuch hängt zu weit weg, und das Rollwägelchen mit den Toilettensachen ist zu instabil, um sich daran festzuhalten. In der Küche muss eine Steckdose in Arbeitshöhe vorhanden sein und eine standsichere Bockleiter.
Beim Ausgang in den Garten runzelt Kim-Anja Jerjen die Stirn: Hier wäre eine Rampe besser als eine Stufe.Es ist kein leichtes Paket, das Romy Picenoni zu tragen hat. Eine Fibromyalgie, auch Weichteilrheuma genannt, macht ihr seit ihrer Jugend zu schaffen. Dazu gehören ständige Schmerzen, Erschöpfung und Stimmungstiefs. Mit dem Alter sind Asthma und Arthrose dazugekommen. Romy Picenoni hat ihren Humor auch in den schwierigsten Zeiten nicht verloren, aber viel von ihrem Lebensmut – auch weil es seit dem Auszug der Söhne still geworden ist im Haus. «Ich fühlte mich unsicher und hatte Angst, nach draussen zu gehen», erzählt sie. «Für mich selbst zu sorgen und Hilfe zu holen, musste ich erst wieder lernen.»
Gemeinsam mit Kim-Anja Jerjen ist Romy Picenoni dabei, Haus und Garten sicherer zu gestalten. Zusätzlich erhält sie Unterstützung von Spitex und Putzdienst sowie regelmässig Besuch von Ruth Peier, ihrem «Bewegungscoach». Schritt für Schritt üben die beiden Frauen, Angst und Unsicherheit zu überwinden, körperlich wie seelisch. Anfangs wöchentlich, jetzt alle vierzehn Tage trainieren sie Gleichgewicht, Kraft und Gedächtnis, nahmen erst kurze, dann immer längere Strecken unter die Füsse.
Schon bei der ersten Begegnung habe die Chemie gestimmt, erzählen die beiden. «Ruth motiviert mich, und ich spüre, dass ich wieder viel mehr Energie und Lebensmut habe», sagt Romy Picenoni. Ruth Peier, die sich seit ihrer Pensionierung freiwillig im Projekt «Bewegungspatenschaft» engagiert, gibt das Kompliment zurück: «Ich bin stolz, wie positiv du dich verändert hast.»
Die Expertin ist auch zufrieden: Die Tests, die sie mit Romy Picenoni macht, zeigen deutliche Fortschritte. Die Kraft in den Beinen ist gut, das Aufstehen klappt ohne abstützen, das Gehen ohne Stock. Gestürzt ist Romy Picenoni in den letzten Monaten nicht mehr. «Alles komplett sicher einzurichten, ist meist nicht möglich», sagt Kim-Anja Jerjen, «aber weil Stürze oft verheerende Folgen haben, sind wir froh um jeden einzelnen, den wir verhindern können.» ❋
Pro Senectute Kanton Solothurn: Sicher daheim und unterwegs
Bei einer sturzpräventiven Abklärung beurteilt eine Expertin die Wohnsituation, ermittelt das Sturzrisiko und berät bezüglich Sturzprävention. Ein Bewegungscoach begleitet ältere Menschen regelmässig und vermittelt Sicherheit bei alltäglichen Bewegungsabläufen – Freiwillige sind sehr willkommen!
Die Adresse von Pro Senectute in Ihrer Nähe finden Sie unter www.prosenectute.ch
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