Yoga Achtsamer Umgang mit dem Körper

Ob sanft oder streng trainiert wird, bestimmt der eigene Körper. «Macht nur das, was euch heute guttut», betont die Yoga-Lehrerin zu Beginn der Mittwochmorgen-Lektion im Gymnastikraum der Turnhalle Wühre in Appenzell. Während die Teilnehmerinnen im Stehen, Liegen oder Sitzen auf der Matte den Körper von Kopf bis Fuss dehnen und kräftigen, lädt Judith Leupin sie ein, sich selbst zu beobachten – möglichst ohne etwas zu bewerten oder sich mit anderen zu vergleichen. «Lenkt eure Aufmerksamkeit nach innen und seid bei euch selbst.»

 Achtsamer Der Rhythmus richtet sich nach dem Atem, alle Übungen erfolgen verbunden mit der Ein- und Ausatmung. Mit jedem Atemzug soll der Körper loslassen dürfen und weicher werden. Auch die oft verspannten Gesichtszüge und der Kiefer. 

Die Stimmung im Raum ist ruhig und konzentriert. Die Stimmen der spielenden Kinder draussen auf dem Pausenplatz rücken in weite Ferne. Die Sonne scheint durch die Vorhänge und taucht den Saal in warmes Licht. Leise Musik ertönt. In der Mitte stehen Sonnenblumen in einer Vase. Eine Kerze brennt, während die Teilnehmerinnen auf dem Rücken liegend der abschliessenden Entspannungssequenz lauschen. 

Nach einigen tiefen, bewussten Atemzügen weist Judith Leupin sie an, die Augen wieder zu öffnen, Hände und Füsse vorsichtig zu bewegen, sich genüsslich zu strecken und zu dehnen. Auch gähnen ist ausdrücklich erlaubt, wenn einem danach ist. 

Eine Wohltat für Körper, Geist und Seele sei Yoga für sie, findet eine Teilnehmerin. Sie profitiere auch punkto Beweglichkeit: «Das merke ich etwa, wenn ich mit meinen Enkelkindern spiele.» Einer anderen ist das Turnen im Verein zu anstrengend geworden. Nun schätzt sie den sanfteren, achtsamen Umgang mit dem Körper im Yoga. 

Angehörige pflegen, Enkel hüten, Aktivitäten in Vereinen und Organisationen – ihre Teilnehmerinnen seien auf vielfältige Weise engagiert, auch im Alter, sagt Judith Leupin. Da könne Yoga einen Ausgleich schaffen, indem es für einmal nicht darum gehe, etwas zu leisten oder darum, wer was schneller oder besser könne. Yoga lehre vielmehr, liebevoller mit sich selbst umzugehen und die eigenen Grenzen zu respektieren. 

Eine Teilnehmerin drückt es so aus: «Yoga am Mittwochmorgen ist eine Oase ganz für mich selbst, die mir unglaublich guttut.» Eine Stunde abseits vom Alltag mit all seinen Anforderungen. Eine Stunde Ruhe vor dem Gedankenstrudel, der sich ständig dreht. «Auf das ‹Abefahre› freue ich mich die ganze Woche», sagt jemand. Und ihre Kollegin ergänzt: «Abefahre – und geniessen!»