Für Angehörige der Risikogruppe in die nächste Migros-Filiale: Roger Pernet ist einer der über 27 000 Freiwilligen in der ganzen Schweiz, die für Seniorinnen und Senioren die Einkäufe besorgen. Amigos ist ein Nachbarschaftshilfe-Projekt, das zu Beginn der Pandemie von Pro Senectute und Migros lanciert wurde.
Text: Usch Vollenwyder
Mit der einen Hand schiebt Roger Pernet den Einkaufswagen, in der anderen hält er das Handy mit der Kommissionenliste von Marianna Rösti auf dem Bildschirm: fünf Tarocco-Orangen, Backpulver, geriebene Zitronenschale, WC-Papier, eine Nagelschere … Insgesamt sieben Artikel sind aufgeführt, alle mit Bild und den exakten Preisangaben. Was in den Einkaufswagen kommt, streicht Roger Pernet auf der App im Handy ab. An der Kasse bezahlt er aus dem eigenen Portemonnaie, danach scannt er die Quittung in seine Amigos-Bringer-App und packt die Einkäufe in eine Migros-Tragtasche. Das Geld sei in den nächsten Tagen wieder auf seinem Konto, zusätzlich mit einem Fünfliber Trinkgeld: «Der kommt in die Ferienkasse.»
Mit dem Roller unterwegs
Seit letztem Sommer ist Roger Pernet pensioniert. Er gehört zu den über 27 000 freiwilligen Helferinnen und Helfern, die für insgesamt rund 20 000 Seniorinnen und Senioren die Einkäufe erledigen. Roger Pernets Sohn, Leiter der Klubschule Migros Thun, machte seinen Vater auf das Hilfsprojekt Amigos von Migros und Pro Senectute aufmerksam: «Vättu, wäre das nicht etwas für dich?» Er sei nicht der Typ zum Fernsehschauen und Biertrinken, meint der gebürtige Thuner, der seine Stadt in- und auswendig kennt und als Nicht-Autofahrer meist mit dem Roller unterwegs ist. Zudem fühlt er sich rundum gesund. An ihm sei kein Geld zu verdienen, habe der Arzt bei der letzten Kontrolle gesagt: «Kommen Sie in einem Jahr wieder.»
Marianna Rösti ist 71 Jahre alt und gehört aufgrund ihres Alters zur Risikogruppe. Sie vermeidet Orte, an denen zahlreiche Menschen unterwegs sind, und bewegt sich nur vorsichtig im öffentlichen Raum. Schon seit Beginn der Pandemie bestellt sie ihre Einkäufe regelmässig bei Amigos. Die Handhabung sei einfach, alles klappe reibungslos – ein «geniales» Projekt, sagt Marianna Rösti: «Ich werde Migros und Pro Senectute ewig dankbar sein dafür.»
Im Internet wählt sie unter amigos.ch die Produkte aus und bestimmt das Zeitfenster für die Lieferung. Die Kosten für den Einkauf werden direkt von ihrer Kreditkarte abgebucht. Ein Trinkgeld ist absolut freiwillig. Doch als Bestellerin ist Marianna Rösti gerne bereit, die fünf bis maximal neun Franken Trinkgeld auf den Gesamtpreis dazuzuschlagen: «Die jungen und älteren Bringer sind freundlich, aufgestellt und verbreiten gute Laune – eine grossartige Idee.»
Unterschiedliche Kundschaft
Für Roger Pernet ist es Ehrensache, dass er die gefüllten Migros-Einkaufstaschen – pro Einkauf maximal zwei – nicht einfach vor den Hauseingang oder unter die Türe stellt. Er läutet und wartet mit dem vorgeschriebenen Abstand, bis die Bestellerin erscheint und die Einkäufe abholt.
Seine Kundschaft sei unterschiedlich, aber als ehemaliger Mitarbeiter bei den SBB könne er sich gut den verschiedenen Menschen anpassen. Mit Marianna Rösti wechselt er gern ein paar Worte – von Thuner zu Thunerin weiss man immer etwas zu erzählen. Manchmal kann er nur einen Auftrag in der Woche annehmen, manchmal sind es zwei oder drei: «Ich helfe gerne, und ich bin gerne draussen», sagt der erfahrene Amigos-Bringer: «Und man weiss ja nie: Vielleicht bin auch ich einmal froh, wenn mir geholfen wird.»
Das Nachbarschaftshilfe-Projekt verbindet Menschen der Risikogruppe, die Hilfe beim Einkaufen brauchen, mit gesunden Personen, die gerne Nachbarschaftshilfe leisten. Die Bezahlung der Einkäufe funktioniert bargeldlos und kontaktlos. Die Einkäufe können online oder telefonisch bestellt werden.
Website amigos.ch, Telefon 0800 585 887 (kostenlos, von Montag bis Freitag von 8.00 bis 12.00 Uhr und von 13.30 bis 17.00 Uhr).
Die Adresse von Pro Senectute in Ihrer Nähe finden Sie vorne in diesem Heft oder im Internet unter prosenectute.ch
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