Hummeln sind effiziente Nektarsammlerinnen, die sich hervorragend orientieren können und ihre Blütenpflanzen bestens kennen. Ihr Nest bleibt unscheinbar und die kleine Kolonie stirbt am Ende der Saison ab.
Text: Esther Wullschleger Schättin
Zu den wenigen Insekten, die schon früh im Jahr unterwegs sind, zählen die pelzigen Hummeln. Es sind junge Hummelköniginnen, die als einzige Tiere ihrer Kolonie im Boden vergraben überwintert hatten und durch die Frühlingswärme erwacht sind. Am Anfang sind sie recht schwach, denn ihre körpereigenen Energiereserven sind knapp und sie brauchen dringend Blütennektar als Kraftnahrung.
Die Jungköniginnen sind auf dem Weg dazu, eine neue Kolonie zu gründen. Sie wandern oft weit weg von ihrem Ursprungsort. Manchmal fliegen sie kilometerweit, um sich in geeigneter Umgebung knapp über dem Boden bummelnd auf die Suche nach einer Höhle für ihr Nest zu machen. Das tun die etwas plump wirkenden Hummeln aber nicht am Stück, sondern in kurzen Etappenflügen, wobei sie zwischendurch über längere Zeit am Boden, unter Laubblättern oder im Gras verborgen ruhen oder sich an Frühlingsblumen mit Nektar für den energiezehrenden Flug stärken.
Im Sommer sind schon deutlich mehr Hummeln in blütenreichen Landschaften unterwegs, denn nun sind etliche Arbeiterinnen ausgewachsen und schaffen Nahrung für die jüngeren Larven herbei. Das Hummelnest fällt selten auf. Es ist gut versteckt, je nach Art etwa in einem Erdloch, in Baumhöhlen oder anderen Nischen wie auch einmal in einem verlassenen Vogelnistkasten. Darin baut die Hummelkönigin mit verschiedenen Dämmmaterialien wie Moos, Federn, Gras oder Tierhaaren eine Hohlkugel. Ihr Staat bleibt dabei so klein, dass nur wenige der Tiere innert ein paar Minuten ein- und ausfliegen und das Nest somit kaum verraten. Höchstens ein paar hundert Arbeiterinnen, je nach Art der Hummeln, machen den «Kleinstaat» im Ganzen aus.
Schnelles Lernvermögen
Es ist erstaunlich, was sich diese kleinen Nektarsammlerinnen alles merken können. Die erfahrenen Arbeiterinnen kennen die Umgebung ihres Nestes genau, haben sich deren Strukturen gut eingeprägt. Sie lernen schnell, wo reichlich Blüten zu finden sind, sodass ihre Sammeltouren sehr effizient verlaufen.
Die meisten Arten sind wenig wählerisch: Hummeln sind bei einer grossen Beinwellstaude ebenso anzutreffen wie auf Stockrosen, auch gerne am Lavendel oder Borretsch oder etwa bei den Brombeerblüten und Heckenrosen, einheimischen wie kultivierten Blumen. Die einzelnen Individuen können sich aber auf bestimmte Blüten spezialisieren und kennen diese dadurch genauer. Hummeln können offenbar auch riechen, wenn eine Blüte kürzlich durch eine andere Hummel «besucht» wurde, und meiden diese dann eine Zeit lang, wie Forscher berichtet haben. Dabei scheinen die Brummer aus Erfahrung zu wissen, wie lange es bei einer bestimmten Pflanzenart dauert, bis der Nektarvorrat wieder gefüllt ist und sich eine Landung wieder lohnt.
In der Hohlkugel des Hummelnestes bildete die Königin bei der Nestgründung kleine Töpfchen aus Wachs und füllt sie mit zu Honig verarbeitetem Nektar. Nebst diesem Vorrat für sich selbst bildete sie erste Waben für die Larven und versorgte diese mit Pollen. Wenn dann die ersten Arbeiterinnen geschlüpft sind, beteiligen sie sich an der Aufzucht der weiteren Nachkommen. Etwa im Spätsommer oder Herbst werden auch Geschlechtstiere herangezogen, also männliche Drohnen und weibliche Jungköniginnen. Schliesslich erschöpfen sich die Tiere und mit Ausnahme der befruchteten Jungköniginnen stirbt die gesamte Kolonie vor dem Winter ab.
Zugestochen wird selten
Im Vergleich zum regen Betrieb an Honigbienennestern mit Zehntausenden von Bienen wird das nur saisonal bestehende Hummelnest immer unscheinbar bleiben. Natürlich verteidigen die Hummeln ihr Nest trotzdem bei unmittelbarer Gefahr. Die Arbeiterinnen und die Königin tragen einen Wehrstachel, doch sind Hummeln nicht sehr aggressiv und stechen nur selten zu. Honigbienen reagieren wesentlich aggressiver auf Störenfriede – ihre riesigen Kolonien haben mit den grossen Vorräten zweifellos mehr Plünderer zu befürchten.
Die Hummeln sind typische Tiere der gemässigten und kälteren Klimazonen. In der Schweiz kommen rund 40 und weltweit etwa 250 Arten vor, wobei die meisten besonders gut an kühle Umgebungen angepasst sind. Einerseits schützt sie die dichte Behaarung vor Kälte. Zudem können sich Hummeln durch Vibration der Brustmuskulatur, gewissermassen ein Zittern, aktiv aufwärmen, was sie aber viel Energie kostet.
Bis in die Arktis, etwa auf Grönland, und bis weit hinauf ins Hochgebirge der Anden und des Himalajas kommen bestimmte Hummeln vor. In den Anden und in den kalten Tundren des südamerikanischen Südens lebt die auffällig orange Patagonische Riesenhummel, auch als «fliegende Maus» bekannt, deren Königinnen gut vier Zentimeter lang werden. Dieses beeindruckende Insekt, das durch seine Grösse weniger Wärmeenergie an die Umgebung verliert, ist heute leider stark gefährdet. ❋
Infos zu Hummeln und anderen Wildbienen: wildbee.ch
Durch Klimaerwärmung gefährdet
Viele Hummelarten sind in Europa und Nordamerika massiv seltener geworden und aus manchen Gebieten verschwunden. Eine wesentliche Gefährdung für die Hummeln ist die Klimaerwärmung, denn immer häufigere und länger andauernde Hitze- und Dürreperioden setzen den pelzigen Bestäuberinnen zu. Die Grenze dessen, was diese eher kälteangepassten Insekten ertragen, werde immer häufiger überschritten, berichteten Forscher. Aber auch der Verlust von Lebensräumen gefährdet sie. Hilfreich für die Hummeln ist es, wenn Gärten und Parks naturnah gepflegt werden, sodass sie viele Nischen und während der ganzen Saison reichlich Blüten bieten.
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