Wenn der Bissen im Hals stecken bleibt

Bei einer Schluckstörung (Dysphagie) funktioniert der unbewusste Schluckvorgang nicht gut. Betroffene müssen das Schlucken von Speichel oder Nahrung bewusst üben oder sich anders ernähren lernen.

1. Wie äussert sich eine Schluckstörung?

Als Schlucken bezeichnet man den Transport von Nahrung oder Flüssigkeit vom Mund zum Magen, ohne dabei den Atemweg zu verlegen. Da dieser komplexe Vorgang im Verborgenen abläuft, sind Hinweise für eine Schluckstörung oft vielfältig. Eher spezifische Beschwerden können beispielsweise Probleme beim Kauen, erschwertes Schlucken, Verschlucken oder Steckenbleiben von Nahrung sein. Eher unspezifische Krankheitszeichen sind zum Beispiel Husten und Räuspern, Klossgefühl im Hals, Gewichtsabnahme, Mangelernährung, Fieber oder Lungenprobleme.

2. Welche Ursachen können dahinterstecken?

Neurologische Erkrankungen zählen neben strukturellen Veränderungen im Bereich des Speiseweges (zum Beispiel Tumore, Divertikel, entzündliche Erkrankungen, postoperative Zustände etc.) zu den häufigsten Ursachen für Schluckstörungen. Die häufigste neurogene Ursache ist der Schlaganfall, der wie Schädel-Hirn-Traumata in der Akutphase in über 50 Prozent der Fälle mit einer Schluckstörung verbunden ist. Bei vielen neurodegenerativen Erkrankungen wie multipler Sklerose, amyotropher Lateralsklerose oder Morbus Parkinson kann die Schluckstörung einen ersten Hinweis auf die Erkrankung darstellen.

3. Was sollen betroffene Personen tun?

Mit Schluckstörungen beschäftigen sich diverse Berufsgruppen beziehungsweise Fachspezialisten wie die Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, die Neurologie, die Gastroenterologie, die Radiologie, die Logopädie oder die Ernährungsberatung. Je nach Fachrichtung betrachten und therapieren sie unter anderem verschiedene Aspekte oder Schwerpunkte des Schluckens. Der Hausarzt – als in der Regel erster Ansprechpartner – weist betroffene Personen je nachdem, welche Beschwerdesymptomatik im Vordergrund steht, einem der Spezialisten zur weiteren Beurteilung zu.

4. Welche Therapien werden durchgeführt?

Die therapeutischen Möglichkeiten sind vielfältig. Je nach Art und Ausprägung der Schluckstörung kann eine Übungsbehandlung durch eine Logopädin erfolgen, die Konsistenz der Kost angepasst (zerkleinern, pürieren) oder eine Ernährungsberatung durchgeführt werden. In schwereren Fällen, beziehungsweise wenn das Schlucken gar nicht möglich ist, ist evtl. eine Sondenernährung erforderlich. Operative Verfahren sind für bestimmte Schluckstörungen angezeigt. Zum Beispiel wenn Divertikel oder Tumore vorliegen.

5. Sind Schluckstörungen nur lästig oder auch gefährlich?

«Aspiration» ist die bedrohlichste Komplikation einer Schluckstörung, bei der Flüssigkeit oder Nahrung durch die Stimmritze in die tiefen Atemwege gelangt. Dies kann Veränderungen der Bronchien und Lunge zur Folge haben bis hin zu lebensbedrohlichen Lungenentzündungen. Gelangt ein grösserer Speise-Bolus (Bissen) direkt in die tieferen Atemwege, kann dies zu Luftnot und Ersticken führen. Weiterhin sollte bei Schluckstörungen insgesamt an eine ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme gedacht werden, damit es nicht zu einer Mangelernährung oder Austrocknung kommt.


Beitrag vom 21.05.2019
Dr. med. Jochen Rosenfeld

ist Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie und als Leitender Arzt der Abteilung für Gehör-, Sprach- und Stimmheilkunde, Kinderaudiologie und Logopädie an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Kantonsspitals St. Gallen tätig.