Die Zahl der Menschen, die Waren im Internet kaufen, steigt stetig. Während der Corona-Pandemie hat sich diese Tendenz noch deutlich verstärkt. Gemäss dem Schweizer Handelsverband ist der Online-Handel allein 2020 um 27 Prozent auf CHF 13,1 Mrd. gewachsen.
Vor dem Kauf im Laden kann man einen Blick auf das Haushaltgerät werfen oder den Pullover anfassen, um sich einen Eindruck der Qualität zu verschaffen. Anders beim Online-Kauf. Hier ist man als Kundin oder Kunde auf Bewertungen angewiesen, die im besten Fall von früheren Käuferinnen und Käufern stammen.
Das aus der Hotellerie und Gastronomie bekannte Bewertungssystem mit Sternchen hat sich längst auch online verbreitet. Hinzu kommen ein paar Zeilen Text, die etwas differenzierter über ein Lokal, ein Gerät oder eine Dienstleistung informieren. Teilweise herrscht geradezu eine 5-Sterne-Pflicht – zum Beispiel beim Fahrdienst Uber. Wenn ein Fahrer kein Punktemaximum einheimst, kann das für ihn negative Konsequenzen haben. Als Fahrgast sieht man sich deshalb fast genötigt, den vollen Sternchenreigen zu vergeben, weil man sonst um die Einkommenssituation der Chauffeure bangen muss.
Die hohen Erwartungen an Online-Angebote haben auch unschöne Praktiken mit sich gebracht. So haben Produktehersteller und Gastronominnen zu Beginn ihre Waren über den grünen Klee gelobt. Dass Eigenlob stinkt, ist nichts Neues, und bald flogen diese Beschönigungen auch auf. Nächster Versuch: Bewertungen einkaufen. Was mit Freunden und Verwandten begann, hat sich zu einer wahren Schattenindustrie entwickelt.
In China gibt es ganze Handy-Farmen, die auf Wunsch Stimmen zu jedem Thema ins Netz stellen. Hinzu kommen Influencerinnen und andere Meinungsmacher, welche die Produkte kostenlos erhalten, wenn sie im Internet eine positive Besprechung verfassen. Kurz: Online-Bewertungen sind mit grosser Vorsicht und Zurückhaltung zu geniessen. Empfehlenswert sind Testresultate von Konsumentenschutzorganisationen oder Publikationen wie etwa dem K-Tipp.
Für den Fall, dass solch vertrauenswürdige Testresultate nicht greifbar sind, hat der Bayerische Rundfunk eine Liste zusammengestellt, die hilft, gefälschte Bewertungen zu entlarven (hier leicht gekürzt wiedergegeben):
Echte Bewertungen sind meist einfach geschrieben. Achten Sie auf den Sprachstil der Bewertung. Normalerweise schildert ein Käufer seinen ganz persönlichen Eindruck von dem Produkt – er ist kein Experte mit tiefgehendem Fachwissen.
Echte Bewertungen sind kurz und prägnant. Wer hat schon Zeit und Lust, einen endlosen Text über ein gekauftes Produkt zu verfassen?
Wer steckt hinter der Bewertung? Hat der «Kunde» auch zehn andere Staubsauger bewertet oder alle Produkte mit 5 Sternen versehen, dann sind Zweifel angebracht. Echte Kundinnen bewerten ganz verschiedene Produkte über einen längeren Zeitraum hinweg.
Viele Bewertungen sind besser als wenige. Sehr wenige positive Bewertungen deuten darauf hin, dass gekaufte Kunden die Kritik geschrieben haben.
Stimmen mehrere negative Bewertungen überein? Wenn einige User den gleichen Punkt an einem Produkt kritisieren, ist es wahrscheinlich, dass dies ein echter Mangel ist.
Suchen Sie nach ausgewogenen Kommentaren. Achten Sie auf Bewertungen, in denen positive und negative Argumente einander gegenübergestellt werden.
Im Übrigen werden auch negative Kommentare gekauft. Das passiert, um die Konkurrenz schlecht dastehen zu lassen. Seien Sie deshalb auch bei sehr negativen Kommentaren skeptisch. ❋
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