
ChatGPT & Co.: Chancen und Gefahren
Künstliche Intelligenz und ihre vielfältigen Anwendungen prägen immer mehr Lebensbereiche. Experte Oliver Hartmann erklärt, wie KI arbeitet, welche Fragen sie aufwirft und welche Antworten noch fehlen.
Sie kann das Wetter vorhersagen, Krebszellen erkennen, Bücher oder ganze Symphonien schreiben: Künstliche Intelligenz, kurz KI, ist derzeit ein grosses Thema. Dabei gab es sie lange bevor ChatGPT vor gut zwei Jahren Schlagzeilen machte. Bereits 1997 etwa spielte der IBM-Computer Deep Blue besser Schach als der Weltmeister. Viele sind sich auch längst gewohnt, Siri oder Alexa Befehle zu erteilen oder sich aufgrund bisheriger Vorlieben Bücher, Musik und Filme empfehlen zu lassen – alles Anwendungen von KI.
Künstliche Intelligenz reicht von ChatGPT, das Bilder oder Texte generiert, über die erwähnten Sprachassistentinnen bis zu Anwendungen, die Prognosen entwickeln oder medizinische Daten analysieren. Die Technologie, die wir unterdessen via unseren Laptop oder übers Smartphone nutzen, hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Wie sie heute menschliche Fähigkeiten wie Wahrnehmung, Lernen oder Problemlösen imitiert, ist verblüffend, faszinierend und erschreckend zugleich. Computer haben gelernt, gesprochene Sprache zu verschriftlichen und umgekehrt. Dadurch können sie uns «zuhören», mit uns «reden» und uns sogar «verstehen». Wir unterhalten uns mit ihnen fast wie mit einem lebendigen Gegenüber. Doch auch wenn es diesen Anschein macht: KI basiert nicht auf einem Bewusstsein oder auf Denkprozessen wie sie uns Menschen eigen sind, sondern auf Mathematik und Statistik.
Aufwändiges Training
KI wird mit riesigen Datenmengen trainiert und lernt daraus, indem sie Muster erkennt. Diese wiederum wendet sie auf neue Situationen an. Nach der aufwändigen Lernphase kann sie Aufträge in Sekundenschnelle erledigen und Ergebnisse liefern, für die Menschen Jahre bräuchten. Gewisse Anwendungen haben das ganze Internet studiert, andere wurden für spezielle Zwecke trainiert. Wenn KI also etwa Sätze formuliert, hat sie gelernt, welches Wort mit höchster Wahrscheinlichkeit auf das vorhergehende folgt. Wenn sie das Wetter voraussagt, hat sie unzählige Wetterlagen verarbeitet. Wenn sie ein bösartiges Muttermal erkennt, hat sie mit Tausenden von Fotos geübt. Sie kann zwar Witze reissen, weil sie sehr viele auf Lager hat. Aber warum etwas witzig ist, «versteht» sie bisher nicht.
KI-Anwendungen erleichtern uns den Alltag auf vielfältige Weise. Mittels Sprachbefehl aktualisieren wir unsere Einkaufsliste, schalten das Licht ein oder lassen uns ans Blumengiessen oder unsere Medikamente erinnern. Mit ChatGPT, Gemini, Copilot oder Perplexity & Co. können wir uns innert Kürze in ein Thema einarbeiten, ohne das Internet oder Bibliotheken zu durchstöbern. Sie erklären uns die Grammatik einer Fremdsprache, fragen uns Vokabeln ab oder erläutern uns Schritt für Schritt, wie wir die kabellosen Kopfhörer mit dem Handy verbinden. Sie formulieren Briefe an Behörden oder gestalten persönliche Geburtstagskarten für die Enkelkinder. Sie lesen aus der Zeitung vor oder übersetzen in den Ferien Gespräche mit Einheimischen.
Offene Fragen
Durch ihre Effizienz übernehmen KI-Programme Tätigkeiten, die bisher Menschen erledigten – wie dies früher der Taschenrechner oder der Computer tat. Deshalb wird sich die Arbeitswelt verändern: Manche Berufe verschwinden, andere entstehen neu. Kinder und Jugendliche müssen gewisse Fertigkeiten in der Schule vielleicht nicht mehr lernen, dafür kommen neue hinzu.
Neben vieler Chancen bergen die Veränderungen und Möglichkeiten durch KI auch Risiken. In den falschen Händen kann sie demokratische Wahlen beeinflussen, Vorurteile verbreiten oder Menschen verleumden. Datenlecks könnten Höchstpersönliches öffentlich machen. Auch steigt der Energiebedarf grosser IT-Firmen aufgrund der KI-Welle.
Das wirft Fragen auf. Wer kontrolliert, aus welchen Daten KI ihr Wissen erwirbt? Wie werden wir in Zukunft erkennen, ob ein Bild echt oder ein Text seriös ist? Wer sorgt dafür, dass nicht nur reiche Industrieländer Zugang zu KI haben? Was bedeutet die energieintensive Nutzung für unser Klima?Abschliessende Antworten stehen noch aus. Momentan bestimmt der freie Markt. KI fordert uns also nicht nur technisch heraus, sondern auch als ganze Gesellschaft.
- KI-Kurse bei Pro Senectute in Ihrer Region unter prosenectute.ch oder Infoline 058 591 15 15.
- Stöbern Sie auch in unserem online-Schwerpunkt «total digital»und in unserem Archiv mit Digitalragebern!
