Ein Bad in warmem Wasser fördert unser Wohlsein und lindert gleichzeitig allerlei körperliche Gebresten. Thermalquellen und Kurbäder setzen diese Kraft gezielt ein.
Text: Roland Grüter
Bläst uns das Leben wieder einmal den Radetzkymarsch, werden viele Menschen vom gleichen Wunsch erfasst: Sie sehnen sich nach wohliger Wärme. Davon, aus dem umtriebigen Alltag abzutauchen und neue Kraft zu tanken. Dieses Ansinnen führt Wintermuffel regelmässig in die Badewanne – und oft genug auch in Thermal oder Kurbäder. Allein die 41 Mitgliederbetriebe, die dem Verband Heilbäder und Kurhäuser Schweiz (HKS) angeschlossen sind, verbuchen jedes Jahr 2,5 Millionen Eintritte. «Ein Bad versöhnt Geist und Körper», sagt ein japanisches Sprichwort. Das scheint auch Schweizerinnen und Schweizer zu überzeugen.
Genau genommen wirken dabei verschiedene Kräfte auf Geist und Körper. Allein die Wärme des Wassers wirkt entspannend. Sie lindert Schmerzen, besänftigt Entzündungen, fördert die Sauerstoffversorgung. Der Auftrieb des Wassers wiederum lässt uns unbeschwerter fühlen und schont Gelenke: was besonders von Vorteil ist, wenn Menschen nach Operationen schnell und trotzdem schonend wieder auf die Beine finden müssen. Sind sogar hoch konzentrierte Inhaltsstoffe im Nass gebunden, beispielsweise Kalzium, Magnesium oder Sulfate, sollten wir davon sogar einen kräftigen Schluck nehmen, wenn auch nicht direkt aus dem Becken.
Die Balneologie, die Lehre therapeutischer Anwendungen und Heilwirkungen des Wassers, listet eine Viel zahl von Vorteilen und möglichen Therapien auf: ob als Bade- oder Trinkkur. Selbst die Wirkung auf unsere Psyche lässt sich wissenschaftlich erklären. Die Signale der Haut werden ins Kontrollzentrum des Mittelhirns weiter geleitet. Dieses weist den Körper an: Muskeltonus reduzieren, entspannen, durchatmen.
All diese Kräfte lassen sich bis ins hohe Alternutzen – vorausgesetzt, man trägt keine gravierenden Vorerkrankungen an den Beckenrand. Insbesondere bei schweren Herz-Kreislauf-Problemen ist Vorsicht geboten. «Es gibt keine eigentliche Altersgrenze, die gegen warme Bäder spricht – der individuelle Gesundheitszustand ist wichtiger», sagt Internist und Gastroenterologe Christian Casanova. Der Arzt ist Mitbesitzer einer Gemeinschaftspraxis in Scuol GR und seit der Jugend mit der Wirkkraft der dortigen Mineralquellen vertraut. Später liess er sich denn auch in Deutschland zum Balneologen ausbilden. Christian Casanova setzt seit über 30 Jahren Trink und Badekuren in Therapien ein. Helfen auch Plantschereien auf die Schnelle? «Auf jeden Fall», sagt der Experte: «Auch sie stärken den Allgemeinzustand und fördern die Abwehrkräfte.»
Die Kultur der Heilbäder und Kurhäuser ist in der Schweiz alt. Manche Thermen wurden bereits in der Antike genutzt. Mediziner begannen im 19. Jahrhundert deren Wirkkraft genauer zu erforschen, damit verbundene Anwendungen zu verfeinern. Vor allem Naturheilkundler und Hydrotherapeut Sebastian Anton Kneipp (1821–1897) entwickelte daraus Kuren, die bis heute Gültigkeit haben.
Bis in die Nachkriegsjahre war die Badekultur angesehen und populär, da nach aber wurden die Weltmeere auch für die breite Bevölkerung erreichbar. Wer die Badehose einpackte, zog vorbei an den hiesigen Badehäusern und reiste nach Italien oder Frankreich. Die lokalen Anbieter gerieten prompt in Bedrängnis und mussten sich neu erfinden. Mit Erfolg: Auf das gelungene Comeback verweist nicht zuletzt die wachsende Wellnessindustrie.
Wer nun selber in einem Kurhaus oder Thermalbad für ein paar Stunden Pause vom Alltagsmief machen will, ein letzter Tipp: unbedingt rutschfeste Schlappen einpacken. Sonst wird der Besuch womöglich zum Reinfall. Und das gilt es zu verhindern.
Wird eine Badekur ärztlich verordnet und durch den Versicherer genehmigt, sind die medizinischen respektive therapeutischen Kosten meist durch die Grundversicherung der Krankenkassen abgedeckt – ebenfalls werden in der Regel 10 Franken pro Aufenthaltstag übernommen (max. 21 Tage pro Jahr). Durch Zusatzversicherungen sind eventuell weitere Aufenthaltskosten abgedeckt. In- formieren Sie sich dazu bei Ihrer Krankenkasse. Eine Übersicht der wichtigsten Einrichtungen finden Sie online auf kuren.ch. An gleicher Stelle sind Indikationen, Therapien und hilfreiche Zusatzinformationen aufgelistet.
Die Corona-Massnahmen treffen auch die Thermalbäder stark. So mussten Thermen ohne Hotelbetrieb lange geschlossen bleiben und danach durften sie einzig die Aussenbereiche öffnen. Bitte klären Sie die Situation jeweils ab, bevor Sie einen Besuch planen! «Die Einrichtungen befolgen alle strengste Schutzkonzepte – der Zutritt von Besucherinnen und Besuchern ist beispielsweise stark limitiert», sagt Ladina Bruggmann, Geschäftsführerin Heilbäder und Kurhäuser Schweiz (HKS). Sie hofft darauf, dass die Mitgliederbetriebe bald wieder zum Normalbetrieb zurückkehren können, da das Baden einfach guttut.
Wie vielfältig sich warmes Wasser therapeutisch anwenden lässt und welche Krankheiten es lindert, das lesen Sie hier.
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