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Filigrane Schönheiten

Die Blüten der Akelei beflügeln die Fantasie der Betrachterin, des Betrachters. Manche erkennen darin eine Narrenkappe, andere einen Elfenhandschuh. Das Hahnenfussgewächs ist denn auch fast in allen romantischen Bauerngärten vertreten. 

Text: Roland Grüter

Nicht alle können Königin sein. In Blumenbeeten fällt diese begehrte Rolle beispielsweise den Rosen zu. Mit betörendem Duft und praller Blütenpracht sichern sie sich die Liebe der Naturfreunde – auch wenn sie immer wieder ihre Launen spielen lassen und kränkeln, wenn sie nicht gebührend hofiert werden. Ganz anders Akeleien. Sie sind zwar seit fast 500 Jahren in hiesigen Blumenrabatten vertreten, ohne sich dabei jedoch in den Vordergrund zu spielen. Sie stehen im (Halb-)Schatten vieler anderer Stauden – und versprühen ihren Zauber diskret. Gerade deshalb sind Akeleien für Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtner ein Segen, denn sie fügen sich willig in deren Gestaltungskonzepte ein. Sie halten einen Garten zusammen, wie Experten sagen: egal, ob darin Wildwuchs (Naturgarten) oder gepflegte Ordnung (Bauern- oder Steingarten) herrscht. Auf die Bescheidenheit der Spezies zielt denn auch der italienische Name der zarten Wilden: Amore nascosto. Heimliche Liebe.

Eine enorme Vielfalt

Wohnhaus mit Akeleien in verschiedenen Farben im Vorgarten. Zeitlupe
© Nadia Lattmann

Seit dem Mittelalter sind Akeleien in unseren Kulturgärten zu finden. Rund 120 Wild- und 500 Zuchtarten gehören zu dieser Gattung – nebst unzähligen Hybriden. In diesen Wochen können sie ausgesät werden, im Folgejahr tragen sie dann zwischen Mai und Juni ihre filigranen Blüten. Diese schweben bis 45 Zentimeter über dem Blattwerk und verleihen dem Garten eine romantische Note, wenn nicht gar etwas Poesie.

Schaut man genauer hin, erkennt man im Flor einen Elfenhandschuh, Grossmutters Schlafhaube, eine Zigeunerglocke, ja sogar den Schnabel eines Adlers. Darauf verweisen die vielen Namen der Familie Aquilegia. Moralisten sehen die sittsam geneigten Blütenköpfchen gar als Symbol der Unschuld der Jungfrau Maria. Dabei schlampern sich Akeleien gehörig durch die Blumenbeete. Sie lassen sich ungeniert mit anderen Akelei-Arten ein und zeugen mehr Nachwuchs, als es Pflanzgemeinschaften zuträglich ist. Diese Eigenheit hat der Frühlingsbotin einen weiteren Namen eingebracht: Venuswagen. Dieser verweist auf die Libido der Staude.

Wer dermassen genügsam und fruchtbar ist, entflammt nur wenige Gärtnerinnenherzen. Leidenschaftliche Liebhaber von Akeleien finden sich entsprechend selten. Züchter Robert Höck ist einer davon. Der Österreicher hegt in seinem Garten in der Nähe von Innsbruck 50 Wild- und 200 Zuchtarten, darunter viele historische Sorten. Er teilt sein Wissen mit anderen auf dem Internetportal Youtube – über 500 000 Menschen schauen sich seine Pflegetipps bisweilen an. Nur im Touchwood-Garden Carrie Thomas in Swansea in Wales herrscht eine grössere Vielfalt: 300 Sorten, 1400 selbst gezogene Pflanzen. Auch die Britin ist ein Groupie der Akeleien, sie will deren Image ebenfalls aufpolieren. «Viele wissen nicht einmal, wie vielfältig die Gattung ist», sagt Robert Höck. Für ihn steht fest, die Königskrone gehört den Akeleien.

Akelei – der Steckbrief

  • Gehört zur Familie der Hahnenfussgewächse (Ranunculaceae) – so wie Herbst-Anemonen, Leberblümchen und Eisenhut.

  • Kann zwischen Mitte Februar und Anfang Mai ausgesät werden. Die Samen brauchen einen «Kälteschock», damit sie keimen.
  • Die Blütezeit liegt zwischen Mai und Juli.
  • Ist auf der nördlichen Halbkugel heimisch. Aus Nordamerika stammende Arten sind häufig gelb oder rot. Aus Europa und Asien stammende Arten hingegen blühen meist blau, violett, weiss oder rosafarben.
  • Mag gerne halbschattige Lagen. Manche Hybriden sind auch für sonnige Beete geeignet.
  • Bevorzugt durchlässige, nährstoffreiche und mässig feuchte Böden. Gelb blühende Arten wie die Gold-Akelei oder die Gelbe Akelei bevorzugen trockenere Standorte.
  • Ist giftig. Der Verzehr von Blüten und Blättern verursacht Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und anderen Unbill. Zudem enthält die Pflanze Reizgifte, die Hautreizungen (Brennen, Rötungen) bewirken können.
  • Lässt sich auch in Töpfen auf dem Balkon halten.

Zeitlupe-Redaktor Roland Grüter ist passionierter Hobbygärtner. Künftig teilt er seine Erfahrungen und Erlebnisse regelmässig mit unseren Leserinnen und Lesern. Seine erste Kolumne finden Sie unter zeitlupe.ch.

Beitrag vom 08.03.2021