Seit über 6000 Jahren steht Brot auf unserem Speiseplan. Doch immer mehr Menschen klagen über Unverträglichkeiten. Woher rührt das Zwicken und Zwacken im Gedärm und welche Alternativen bieten sich sensiblen Brot-Fans? Ernährungs-beraterin Alexandra Frank klärt auf.
Text: Roland Grüter
Viele glauben, sich mit Brot etwas Gutes zu tun. Zu Recht? Ja und nein. Brot enthält tatsächlich eine Vielzahl essenzieller Nährstoffe und Vitamine. Doch wie gesund es ist, hängt vor allem vom Mahlgrad des darin enthaltenen Getreides ab. Zur Erklärung: Ein Getreidekorn besteht aus einem Keimling, dem Mehlkörper und der Schale. Während im Keimling vorwiegend Fett und im Mehlkörper Stärke und Proteine stecken, besteht die Schale hauptsächlich aus Nahrungsfasern (Ballaststoffe) und Mineralstoffen. Diese Nahrungsfasern halten uns nicht nur lange satt, sondern tragen auch essenziell zu einem gesunden Mikrobiom bei: Sie stärken die Milliarden an Mikroben, die in unserem Körper leben, etwa im Darm. Will heissen: Vollkorn-Sorten können die Erwartung grösstenteils einlösen. Darin wird das gesamte Korn inklusive Schale verwertet.
Die Verträglichkeit von Brot wird aktuell stark diskutiert: Weshalb gerade jetzt? Lange sorgte das Weizeneiweiss Gluten für Gesprächsstoff. Es stand in Verruf, schlecht verträglich zu sein. Doch inzwischen weiss man, dass die Verdauungsbeschwerden eher auf FODMAP zurückgehen, die im Brot enthalten sind. Zur Erklärung: FODMAP sind verschiedene Kohlenhydrate, die vom Körper nur schlecht oder gar nicht aufgenommen und stattdessen von den Darmbakterien verstoffwechselt werden. In diesem Prozess entstehen Gase, die zu Blähungen führen können. Manche Menschen empfinden diese als äusserst unangenehm und schmerzhaft. Das befeuert die Diskussionen.
Wie kommen die FODMAP ins Brot? Die Kohlenhydrate gab es zwar schon früher in Broten, doch in weit geringeren Mengen. Dies hängt mit der Teigruhezeit zusammen. In unserer schnelllebigen Zeit muss alles rasch vonstattengehen. Auch die Aufgehzeit von Brot wurde arg verkürzt, in der die FODMAPs vergärt werden. Dies betrifft speziell die industriell hergestellten Billig-Brote. Diese weisen einen höheren FODMAP-Gehalt auf als andere Brote und sind somit weniger verträglich. Da Industrie-Brote im Handel überwiegen, sind mehr Menschen von deren Nachteilen betroffen.
Durch eine lange Teigruhezeit werden Brote grundsätzlich bekömmlicher.
Alexandra Frank, Ernährungsberaterin
Will heissen: Was lange gärt, wird immer gut? In der langen Teigruhezeit – sie dauert idealerweise mehrere Stunden – wird tatsächlich ein Teil der FODMAP abgebaut, was Brote grundsätzlich bekömmlicher macht. Dennoch bleibt bei manchen Sorten der Gehalt hoch, so zum Beispiel im Roggenbrot oder Pumpernickel. Roggen ist die Getreidesorte mit dem höchsten FODMAP-Gehalt. Auch nach der Fermentation bleibt der Anteil hoch.
Es kommt folglich auch auf die Mehlsorte an? Genau. Roggen enthält unbestritten viele wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe, die das Mikrobiom – und damit die Darmgesundheit – positiv beeinflussen. Ebendiese Stoffe (Lignane) verursachen jedoch bei vielen Personen Blähungen, weshalb empfindsame Brot-Liebhaberinnen und -Liebhaber besser darauf verzichten sollten: trotz der vielen Vorteile.
Welche Brote empfehlen Sie empfindsamen Brot- Liebhaberinnen und -Liebhabern stattdessen? Dinkelbrote. Darin sind etwas kleinere FODMAP-Mengen enthalten als in Weizen-oder Roggenbroten. Oder das mittlerweile grosse Angebot glutenfreier Brote. Diese sind häufig aus Mais-, Reismehl-oder Kartoffelstärke gebacken und enthalten gar keine dieser Reizstoffe. Es gibt neue Brot-Varianten, an die kühne Versprechen geknüpft werden.
Protein-Brote beispielsweise sollen mehr Eiweiss und weniger Kohlenhydrate auf den Teller bringen. Sie werden empfohlen, wenn jemand zu viele Kilos auf die Waage stemmt: richtig? Was stimmt: Wer an Gewicht verlieren will, sollte genügend Proteine und weniger Kohlenhydrate zu sich nehmen. In diesem Sinne können Protein-Brote durchaus eine Möglichkeit sein, den Kohlenhydrate-Verbrauch etwas zu beschränken und zugleich die Proteinzufuhr zu erhöhen. Protein-Brote werden jedoch häufig aus weniger Mehl, dafür mit mehr Kernen und Samen gebacken. Kerne und Samen enthalten zwar die versprochenen Proteine, weisen jedoch einen hohen Fettanteil auf. Und Fett trägt mit seinen 9 kcal pro Gramm zu einer wesentlichen Energiezufuhr bei. Also immer die Zutatenliste genau studieren.
Welche Brotmengen empfehlen Sie täglich? Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 75 bis 125 g, was 1,5 bis 2,5 Scheiben Brot entspricht. Daran sollten wir uns halten.
Was passiert, wenn wir es übertreiben? Brot war über Jahrhunderte ein wichtiges Nahrungsmittel für die hart arbeitende Bevölkerung. Denn Brot ist ein eigentliches «Energiekonzentrat». Die darin enthaltenen Kohlenhydrate werden auch in Fett umgewandelt und eingespeichert – was zu einer Gewichtszunahme führen kann. Heutzutage sollten wir vermehrt auf Nahrungsmittel mit geringerer Energiedichte setzen wie beispielsweise Gemüse, Salate, Beeren oder Früchte.
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