Auch Männer sind von Harninkontinenz betroffen. Doch die meisten Betroffenen schweigen sich beharrlich über ihre Not aus, statt sich Hilfe zu holen. Dabei lässt sich dagegen einiges ausrichten. Etwa mit Beckenbodentraining.
Text: Roland Grüter
Würden Sie es hinnehmen, wenn der Tank Ihres Autos leckt – wohl kaum!» Mit diesem Satz will ein Pharmaunternehmen Männer dazu anhalten, über ihre Blasenschwäche zu reden – und noch besser, etwas dagegen zu tun. Fachleute schätzen, dass in der Altersgruppe der 65-Jährigen jeder Zehnte davon betroffen ist. Der tatsächliche Anteil dürfte jedoch weit höher liegen, weil Betroffene das Leck im System aus Scham konsequent totschweigen: obwohl ihr Leidensdruck enorm ist.
Darauf verweisen Aussagen jener Männer, die sich Hilfe geholt und damit ihrem Elend ein Ende gesetzt haben. Sie erzählen davon, wie stark sie unter den Folgen gelitten haben. Wie sie ihren Alltag auf erreichbare Klos ausrichteten. Und von der Befreiung, als sie es endlich wagten, darüber zu sprechen.
Folgende Tipps helfen, einen besseren Umgang mit Harninkontinenz zu finden und die Folgen zu mildern oder ganz zu beheben:
Schwäche erkennen:
Der erste wichtige Schritt ist, sich einzugestehen, dass man ein Problem mit kontrolliertem Wasserlassen hat. Oft werden spontane Harnabgänge mit übermässigem Trinken, kalten Temperaturen und anderen Aussenfaktoren erklärt. Gemeinhin gilt: Wem die Fähigkeit abgeht, Urin ausreichend in der Harnblase zu speichern und über den Ort und Zeitpunkt der Harnblasenentleerung selber zu bestimmen, hat Handlungsbedarf. Dabei spielt es keine Rolle, ob einige Tropfen oder ein satter Strahl die Hosen nässen.
Ursachen abklären:
Ist die Prostata vergrössert? Oder reagieren womöglich die Nervenzellen in der Harnblasenwand überempfindlich? Fachärzte müssen erst die genaue Ursache der Inkontinenz klären, um das Übel zu beheben. Manchmal helfen Anpassungen im Trinkverhalten oder Physiotherapie. Eventuell sind aber spezifische Medikamente oder gar eine Operation nötig. Die meisten Universitätsspitäler bieten urologische Sprechstunden und Beratungen zum Kontinenzmanagement an.
Sich schützen:
Tröpfelt die Leitung, behelfen sich viele mit Einlagen oder Binden, die für Frauen konzipiert wurden. Für die männliche Klientel wurden jedoch spezielle Einlagen und Einweghöschen entwickelt – mit anderen Passformen und in anderen Grössen. Anbieter wie Tena, Abena, Attends oder Hartmann offerieren im Internet Gratis-Sets, die sich diskret bestellen lassen. Deren Produkte sind weit saugfähiger und binden im Idealfall unangenehme Gerüche.
Muskeltraining starten:
Beckenbodentraining – eine Domäne der Frauen? Von wegen. Es hilft oft auch Männern gegen Inkontinenz. Der Beckenboden ist ein Geflecht aus mehreren übereinanderliegenden Muskelschichten. Diese halten die Organe im Unterleib am richtigen Ort und sind Bestandteil jenes Mechanismus, der Blasenschliessung und Harnfluss reguliert. Oft schwächeln diese Muskeln. Mit entsprechenden Übungen werden sie schnell und anhaltend zusammengezogen. Überwacht werden die Übungen in der Regel von Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten. Besonders nach einer Prostata-Operation sind Männer auf einen starken Beckenboden angewiesen, da diese mitunter von einer vorübergehenden Inkontinenz begleitet wird. Wer die einfachen Übungen im Alleingang austesten will: Es gibt verschiedene Apps zum Thema, beispielsweise die kostenlose Beckenboden-Fitness- App von «lights by Tena». Infos dazu finden Sie unter tena.ch.
Prostata ist längst nicht die einzige Ursache
Gemeinhin unterscheidet man bei Männern folgende Inkontinenztypen: In der sogenannten Tröpfelinkontinenz tröpfelt der Urin nach dem Wasserlassen nach. In der Belastungs- oder Stressinkontinenz wiederum tritt der unkontrollierte Harnverlust unter Druck im Beckenbodenbereich ein – etwa beim Husten, Lachen oder beim Heben schwerer Lasten. Und bei der Dranginkontinenz verspüren Betroffene einen plötzlich auftretenden, extrem starken Harndrang – sodass ihnen nicht genügend Zeit bleibt, eine Toilette aufzusuchen. Bleibt noch die Überlaufinkontinenz, in der sich die Blase nicht mehr vollständig entleeren lässt. Der überschüssige Urin geht daher unkontrolliert ab, oft direkt nach dem Toilettengang. Diese Form geht häufig auf eine Verengung der Harnröhre oder eine Vergrösserung der Prostata zurück. Der ständige Urin-Stau kann zu einer Schwächung und Überdehnung des Blasenmuskels führen – mit entsprechenden Folgen. Daher empfiehlt es sich, ab dem 50. Lebensjahr vom Arzt regelmässig die Prostata untersuchen zu lassen.
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