Zum zehnten Mal – dieses Jahr unter erschwerten Bedingungen – findet in Bern das Ton- und Lichtspektakel «Rendez-vous Bundesplatz» statt. Initiantin und Produzentin Brigitte Roux verwandelt die Bundeshausfassade heuer in eine Arche Noah.
Text: Usch Vollenwyder
Überall – am PC, an der WC-Türe, im Hauseingang, am Armaturenbrett im Auto, neben dem Bett – hatte Brigitte Roux Notizzettel mit einem Zitat von Hermann Hesse angebracht: «Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.» Diese Worte hätten ihr die nötige Energie zum Weitermachen gegeben, sagt die Veranstalterin von «Rendez-vous Bundesplatz». Durchhaltevermögen und vier Jahre intensiver Arbeit waren nötig, dann hatte sie ihr Ziel erreicht: Eine halbstündige Ton- und Lichtshow auf der Fassade des Bundeshauses erzählte die Geschichte seiner Entstehung.
2006 hatte die Kommunikationsfachfrau mit eigenem Unternehmen die Altjahrswoche auf der Blumeninsel Madeira verbracht. Dort erlebte sie die traditionelle Weihnachtsinszenierung und war fasziniert vom Lichtzauber über der Bucht und an den Gebäuden der Hauptstadt Funchal. Am Sonntag flog sie nach Hause, am Montag habe sie ihre Firma «Starlight Events» gegründet, erzählt Brigitte Roux. Mit Musik und bewegten Bildern wollte die unerschrockene Macherin nach dem französischen Vorbild von «Son et Lumière» in der Schweiz historische Gebäudefassaden bespielen und illuminieren – am liebsten gleich das Bundeshaus.
Brigitte Roux machte sich an die Arbeit. Sie schrieb ein Gesamtkonzept, stellte ein künstlerisches Team zusammen, nahm Kontakt auf mit dem Berner Gemeinderat und dem Stadtrat, sie reichte Pläne ein, schrieb Gesuche für Bewilligungen und trank Weisswein mit dem damaligen Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät. Sie investierte unzählige Tage und Nächte und ihr gesamtes Erspartes. Am 14. Oktober 2011 war Premiere. Während der nachfolgenden sechs Wochen fanden 93 Shows mit insgesamt 330 000 Zuschauerinnen und Zuschauern statt: «All die Arbeit, der ganze Aufwand, die vielen Sackgassen: Es hatte sich gelohnt.»
Seither ist das jährliche «Rendez-vous Bundesplatz» fester Bestandteil in der Stadtberner Agenda. Jeweils von Mitte Oktober bis zum «Zibelemärit» erlöschen zwei bis drei Mal pro Abend ringsum die Lichter, einen Moment lang ist es dunkel und still, dann setzen Musik und Projektionen ein, und die Bundeshausfassade wird zur Bühne für eine märchenhafte Zeitreise. «Planet Hope» heisst die diesjährige Ton- und Lichtshow. Dabei verwandelt sich das Bundeshaus in eine Arche Noah, die auf ihrer Reise um die Welt bedrohte Tierarten aufnimmt.
Ideen hat sie immer und überall
Brigitte Roux sind aktuelle Themen wichtig; dieses Jahr geht sie dem Thema «Nachhaltigkeit» nach. Ideen kommen ihr immer, tagsüber, in der Nacht, beim «Schwümmlen» in den Wäldern. Wenn sie ein Projekt erarbeitet – Brigitte Roux inszenierte auch schon den Pilatus oder beleuchtete Thun zur Feier seiner 750 Jahre Stadtrechte –, gibt es für sie keine Ruhe- und keine Sonntage. Sie schreibt das Script, sucht die passende Musik, tauscht sich mit ihrem kreativen Team aus. Ein Jahr dauern die Vorbereitungsarbeiten.
Die Show schliesslich ist ein technisches Meisterwerk: Zehn Hochleistungsprojektoren übertragen insgesamt 23 Millionen Pixel, dabei entspricht ein Pixel auf dem PC einem Quadratzentimeter am Bundeshaus. Bis zu 72 000 Einzelbilder werden während der 25-minütigen Vorstellung an die Fassade projiziert. Millimetergenau muss diese hochpräzise Technik stimmen, fünf Tage dauert der Aufbau auf dem Bundesplatz, tonnenweise Material wird angeschleppt, werden Kabel verlegt und die drei Projektionstürme aufgebaut. Dafür arbeitet Brigitte Roux mit Partnern zusammen. Eine Herausforderung bleibt die Finanzierung: Rund eine Million Franken kostet eine neue Produktion.
Hunderte Mails von begeisterten Zuschauerinnen und Zuschauern zeigen ihr, wie sehr die Inszenierungen bei den Menschen ankommen und sie berühren. Und so macht sie weiter, wenn auch dieses Jahr mit gemischten Gefühlen. Ein aufwändiges Sicherheitskonzept verlangt die Aufteilung des Bundesplatzes in drei Sektoren für je dreihundert Zuschauende, dazu herrschen Maskenpflicht und Personenkontrolle. Brigitte Roux ist optimistisch: «In diesen dunkeln Zeiten brauchen die Menschen Hoffnung und Licht.» ❋
«Rendez-vous Bundesplatz»
16.10. bis 21.11.2020, um 19 Uhr, 19.45 Uhr und um 20.30 Uhr auf dem Bundesplatz. Von Donnerstag bis Samstag zusätzlich um 21.15 Uhr. Eintritt frei. Informationen: Telefon 044 715 19 33, starlightevents.ch, rendezvousbundesplatz.ch
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