Für die deutschsprachigen Seniorinnen und Senioren im Tessin bietet Pro Senectute Ticino e Moesano ein eigenes Veranstaltungsprogramm an. Wer hier italienisch lernt, kann die Sprache gleich vor der Haustüre anwenden: mit der Nachbarin, beim Arzt oder am Bahnschalter. Ein Besuch im Anfängerkurs in Muralto.
Text: Annegret Honegger
Ripetizione! kündigt Kursleiterin Elia Fedele zu Beginn der Lektion an. Reihum geht es: «Mi chiamo Urs, sono Svizzero di Zurigo.» «Mi chiamo Brigitte, sono di Soletta e abito a Muralto.» «Mi chiamo Verena e sono in Ticino perché mi piace!» Letzte Woche haben die Teilnehmenden gelernt, sich auf Italienisch vorzustellen. Bei manchen klappt das bereits flüssig, andere geraten noch ins Stottern und suchen nach Worten. Wie lautet nochmals die richtige Endung beim Verb? Was heisst schon wieder «ich wohne»? Sagt man «a Lucerna» oder «in Lucerna»?
Erst zum vierten Mal sitzen die Anfängerinnen und Anfänger am Mittwochnachmittag im Kursraum in Muralto. Jahrzehnte nach der eigenen Schulzeit wieder Hausaufgaben zu erledigen, Vokabeln und Grammatik zu büffeln, fällt manchen nicht ganz leicht. «Wir sind ja keine zwanzig mehr – eher das Drei- oder Vierfache», sagen Dieter und Barbara lachend.
Umso wichtiger sind eine angenehme Gruppe und eine entspannte Atmosphäre. Lehrerin Elia Fedele unterrichtet konsequent auf Italienisch, mit viel Humor und hilfreicher Zeichensprache. Ihr Temperament und ihr Tempo stammen aus Süditalien, aber sie hat auch viel Geduld, wenn sie den Teilnehmenden etwa das unregelmässige Verb «essere» (sein) beibringt. Ihr Rat: «Lernt diese Formen am besten zusammen mit kleinen Sätzen: Io sono Svizzera. Tu sei a casa. Noi siamo in vacanza…»
Manche Teilnehmenden sind für den dritten Lebensabschnitt aus der Deutschschweiz hergezogen, andere haben bereits ihre Berufszeit im Tessin verbracht. Alle schätzen den Tapetenwechsel, die Zahl der Sonnentage und nicht zuletzt die noch etwas vernünftigeren Immobilienpreise als nördlich des Gotthards.
Im Alltag komme man mit Deutsch überall durch oder wechsle wenn nötig ins Englische, erzählen sie. «Oft bleiben die Deutschschweizer unter sich», ist Urs’ Erfahrung, «wer Einheimische kennenlernen will, muss Italienisch können.» Brigitte, die ihr Italienisch auch übers Radio und Fernsehen verbessert, braucht es etwa im Kontakt mit den Behörden oder beim Arzt: «Das Lernen macht mir Spass und trainiert mein Gehirn». Und für Heinz ist es eine Frage des Respekts, die Sprache des Gastkantons zu lernen: «Die Leute freuen sich, wenn man nicht einfach ‹Grüezi› sagt, selbst wenn man Fehler macht.»
Möglichst oft solle man die deutschsprachige Komfortzone verlassen und sich mit Einheimischen auf Italienisch unterhalten, rät Elia Fedele. Dafür werden im Kurs typische Gesprächssituationen trainiert und wichtige Vokabeln gelernt. «Ciao Maria, come stai? – Bene, grazie, e tu?» … «Buongiorno, vorrei un caffè.» … Vielleicht ergibt sich ja so ein Gespräch mit einer Nachbarin, eine Unterhaltung beim Bäcker oder eine Billettbestellung am Bahnschalter. Zum Schluss erklärt die Kursleiterin die Hausaufgaben auf nächste Woche: Alle schreiben einen «piccolo dialogo». Und nicht vergessen: «Üben, üben, üben!» ❋
Italienischkurse bei Pro Senectute Ticino e Moesano
In den Kursräumen in Muralto/Locarno finden Italienischkurse auf verschiedenen Stufen statt. Daneben bietet das Programm «over 60» auch Aktivitäten im Bereich Bewegung und Gesundheit an sowie gemeinsame Essen oder die Weihnachtsfeier für alle am 11. Dezember. Information und Anmeldung: Centro Regionale Pro Senectute Muralto, Viale Verbano 9, 6600 Muralto, Jeanette Bajrami, Telefon 091 759 60 20, ti.prosenectute.ch
Die Adresse von Pro Senectute in Ihrer Nähe finden Sie unter prosenectute.ch.
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