Leserbriefe – Der Traum vom ewigen Leben
Regelmässig erreichen uns Geschichten, Texte und Zuschriften unserer Leserinnen und Leser. Diese wollen wir Ihnen nicht vorenthalten. Heute: Gedanken und Überlegungen zum Longevity-Boom (Langlebigkeit).
Ist Altern eine Krankheit, gegen die sich ein Heilmittel finden lässt? Oder sollten wir einen positiveren Umgang mit dem eigenen Ende finden? Zeitlupe-Leserinnen und Leser teilen Ihre Gedanken zum Longevity-Boom (Langlebigkeit), der in der Oktober-Ausgabe der Zeitlupe thematisiert wurde.
Liebe Zeitlupe
Gerne teile ich Ihnen meine Meinung zu Longevity mit: Ich möchte mein Leben wie bis anhin so natürlich wie möglich leben und es auch mit dem Sterben so halten.
Mit 78 ist für mich nun auch klar: Wenn ich Glück habe, dann bleiben mir noch ein paar Jährchen Leben, wenn nicht, heisst es eben mein Sterben und den Tod anzunehmen. Die Überzeugung, dass mein Leben in den Händen einer höheren Macht liegt, beruhigt mich.
Ewig zu leben auf dieser Welt, das ist für mich undenkbar. Der Platz wird täglich enger, die Ansprüche von uns Menschen immer grösser! Der wirkliche Longevity-Boom wird hoffentlich noch an mir vorbei gehen. Sterben gehört seit meiner Kindheit zu meinem Leben, für mich war das nie ein Tabuthema.
Im kleinen Bündnerdorf, wo ich aufgewachsen bin, haben wir grösseren Schulkinder damals pflichtbewusst und sogar mit etwas Stolz von Haus zu Haus den Tod der verstorbenen Dorfbewohner angesagt. Und das im Auftrag von unserem Herr Pfarrer. Die Toten wurden damals ganz selbstverständlich daheim in der Stube auf dem «Gutschi» (Sofa) aufgebahrt. Nicht nur die Familienangehörigen, auch Freunde, Bekannte und Nachbarn hatten so die Möglichkeit sich von ihnen zu verabschieden. Das Fenster wurde geöffnet, um auch die Seele zu befreien.
Ich bin überzeugt: Gut alt zu werden und sich den diesbezüglichen Anforderungen zu stellen bis zuletzt, das sollten wir bereits in jüngeren Jahren lernen. Die Gewissheit , dass mein Leben endlich ist, macht dieses besonders wertvoll.
In diesem Sinne grüsse ich Sie freundlich, Anna Magdalena Vogel-Tarnutzer
Guten Tag
Ich komme Ihrer Bitte um eine Antwort zur Frage «Länger leben?» gerne nach. Hier meine diesbezüglichen Gedanken.
Zu meiner Person: ich bin 90-jährig, fühle mich dem Alter entsprechend gesund und mobil. Seit letztem Dezember bewohne ich ein Studio mit Kochnische und Dienstleistung im «Wohnen im Alter» in Thun. Ich darf auf ein erfülltes Leben mit Schicksalsschlägen und schönen Zeiten des Familien- und Berufslebens dankbar zurückblicken. Ich hoffe, mir sei noch eine letzte Lebensphase ohne Schmerzen vergönnt, aber wenn es sein soll, bin ich heute bereit, den letzten Gang anzutreten: Einmal hat man genug «erlebt». Das ist mir in Gesprächen mit Jahrgängern und Hochbetagten in meiner Umgebung bestätigt worden!
Der Wunsch nach «ewigem Leben» besteht seit Menschengedenken. Daher ist es nicht verwunderlich, dass zu allen Zeiten «Propheten» den Gläubigen bei guter Lebensführung das «Paradies» versprochen haben. Ich gehöre zwar der reformierten Kirche, einer sozialen Institution, an, bezahle die Kirchensteuer und versuche, der Ethik dieses Jesus von Nazareth nachzuleben, aber daneben bin ich Realist und füge mich den Naturgesetzen. Diese sind hart und unumstösslich: werden – sein – vergehen! Fressen und gefressen werden! Beweise finden sich allüberall in Fauna und Flora. Es gibt Lebewesen, denen ist nur ein Tag zu leben, bestimmt und auch sie erfüllen eine wichtige Aufgabe im Universum. Aus diesem Grund finde ich es unsinnig, der Natur ein Schnippchen schlagen zu wollen und eine Spezies zu bevorteilen.
Es kann gut sein, dass heutige Forscher die menschliche Lebenserwartung um ein paar Jahre erhöhen können (ob das etwas zur Glückseligkeit beitragen wird?), aber sie werden bestimmt an die natürlichen Grenzen stossen, spätestens in 4,5 Milliarden Jahren, wenn es mit unserem Sonnensystem ein Ende nimmt!
Ich habe einmal versucht, meine Gedanken in Anlehnung ans «Unser Vater» zu formulieren:
Unsere wunderbare Welt, heilig sei sie uns, dass wir sie in ihrer Einzigartigkeit schützen und ihre Schönheit bewahren. – Unser höchstes Gebot sei Verantwortung zu übernehmen und im Geiste Jesu Liebe zu leben. – Möge sich der Wunsch nach Frieden und Gerechtigkeit erfüllen und Hunger und Durst weltweit gestillt werden. – Möge ich zu Reue und Demut fähig sein und meinen Schuldigern vergeben. – Möge ich der Versuchung widerstehen, dem Bösen trotzen und meinen Weg dankbar gehen. – Gelobet sei die Natur, denn sie spendet Leben, Kraft und all die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Heinz von Allmen
Liebes Zeitlupe-Team
Mit Interesse lese ich immer die Zeitlupe mit den interessanten und berührenden Beiträgen. Ich habe bildlich gesprochen 80 Jahre auf dem Buckel und weiss nicht, wie viele Jahre mir noch geschenkt werden! Ich hoffe, doch noch einige, denn ich geniesse jeden Tag aufs Neue!
Trotz einiger Krankheiten habe es immer wieder geschafft weiterzugehen. Ich glaube, dass mich nicht nur die Medizin unterstützt hat! Himmel und Erde hat mich immer interessiert, aber das ewige Geheimnis wird nie zu lösen sein! Ich kann glauben, aber wissen tue ich es nicht!!
Was ich sicher weiss ist, dass das Gute und Böse existiert, aber ob das der Himmel oder die Hölle ist, ist nicht zu ergründen!
Mit freundlichen Grüssen, Esthy Hubmann
Liebe Zeitlupe
Im Editorial der letzten Zeitlupe Nr. 10 berichteten Sie über das Altern sowie das Lebensende und forderten den Leserkreis auf, die eigene Meinung zu erzählen. Ich fühle mich angesprochen und hier sind meine Gedanken dazu:
Ich bin eine 77-jährige Frau. Altern ist für mich ein sehr natürlicher Prozess den die Natur, das Leben zur Reifung eines jeden Lebewesen, vorausschauend auf das Lebensende eingerichtet hat. So «altert» das Baby zum Teenager, der Teenager zur reifen Person in den 30er-Jahren, der Blüte des Lebens.
Jeder Lebensabschnitt hat seine weiterentwickelten Erkenntnisse und Empfindungen. Im Alter kommt die seelische Ruhe und Weisheit, was das Ungestüm der Jungen etwas bremsen kann und im Gegenzug halten die Jungen die Alten aktiv.
In unserer heutigen Zeit leben alt und jung so aktiv, so sehr in einem aus-/überfüllten Tagesprogramm, dass die altersgemässe Beschaulichkeit verloren gegangen ist – und plötzlich stellt man fest: Ich bin alt geworden ohne die Reife zu finden. Dann kommt die Angst vor dem Tod, denn man ist nicht darauf vorbereitet.
Der Tod ist das Geschenk nach einem erfüllten Leben. Ich möchte nicht unbedingt uralt werden, aber ich möchte spüren, wann meine Zeit gekommen ist und dann sagen können: «Ich habe gelebt, gelitten, mich gefreut und alles empfunden – ich bin seelisch reif geworden.» Jetzt bin ich in meinem Tagesprogramm viel ruhiger geworden – ich kann die Jungen und (unreifen Alten) springen lassen und ihnen mit viel Verständnis zusehen. Die Altersweisheit hoffe ich dann in den 80er Jahren zu finden.
Ich geniesse das Leben – es ist schön und die etwas schwereren Momente lassen einen nicht übermütig werden !!!!
Ich lese die Zeitlupe immer sehr, sehr gerne – sie gibt mir viel Input. Auch gebe ich diese Zeitschrift einer nicht auf Rosen gebetteten Freundin weiter, die sich ebenfalls sehr darüber freut.
Herzliche Grüsse, G. S.
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