Nonna macht sich auf den Heimweg
Rund 150‘000 Menschen sind in der Schweiz an Demenz erkrankt. Eine von ihnen ist Fernanda. Ihr Mann Gottfried Bergmann schreibt Tagebuch.
Spätestens als Fernanda die Namen ihrer sieben Enkelkinder nicht mehr aufzählen konnte, begann die Familie sich ernsthaft Sorgen zu machen. An ihrem 69. Geburtstag meinte ihr Schwiegersohn: «Nonna macht sich auf den Heimweg.» Wenige Monate später bestätigte eine erste Untersuchung beim Hausarzt den gefürchteten Verdacht: Anzeichen einer Alzheimer-Erkrankung.
Fernandas Ehemann Gottfried Bergmann schrieb einem Freund: «Das Gespenst Alzheimer geht bei uns um.» Am 11. Oktober 2004 begann er ein Tagebuch zu führen. Es endet am 2. Oktober 2010: «Die Abdankung in der Kirche Mett von gestern war für mich keine Trauerfeier. Ich verspürte ein so inniges Zusammensein mit Fernanda, dass einfach alle Traurigkeit von mir abfiel und ich nichts anderes mehr fühlte als Frieden, Freude und unaussprechliche Dankbarkeit.»
Schreiben als Lebenshilfe
Dazwischen liegen Zeiten der Tränen und Trauer, der Wut und Angst, der Erinnerung und Liebe. Schonungslos hält Gottfried Bergmann diese Jahre in dicken Heften fest. Seit seinem 18. Altersjahr hatte der ehemalige Lehrer und Heilpädagoge in kritischen Zeiten seines Lebens Tagebuch geschrieben. Schreiben sei ihm bei der «Bearbeitung von Knacknüssen des Schicksals» behilflich gewesen. Die Jahre mit seiner kranken Frau waren keine Knacknuss mehr: Sie waren die wohl grösste Herausforderung, mit welcher die Familie umzugehen hatte.
Gottfried Bergmann: «Chronik eines Sonnenuntergangs. Als meine Frau an Alzheimer erkrankte.» Zytglogge Verlag 2019, 230 S., ca. CHF 33.90