Nikita zwei Mal aufgewärmt
Frankreichs Erfolgsregisseur Luc Besson regeneriert in «Anna» zum dritten Mal die Geschichte einer schönen Femme fatale.
Es gibt Filmemacher, die längst in den Ruhestand treten sollten. Luc Besson, Frankreichs Erfolgsregisseur von anno dazumal, gehört dazu. Bereits zum dritten Mal verkauft er in «Anna» dem Publikum die gleiche Geschichte: eine schöne Frau in einer Notlage wird von Machtgierigen zu einer Superkillerin hochgedrillt, die dann doch nicht ganz nach ihren Vorstellungen spurt.
Mit «La femme Nikita» (1990) und «Léon» (1994) schickte Besson binnen weniger Jahre zwei Profikiller auf die Piste, die sich in die Herzen der Kinofans schossen und seinen Ruf als begabten Newcomer festigten. Doch dann ging es inhaltlich abwärts, wenn auch kommerziell aufwärts. Mit dem grossspurigen Science-Fiction-Potpourri «The Fifth Element» (1997), in dem während über zwei Stunden keine originelle Idee zu finden ist, verankerte sich der Franzose fest in Hollywood und dem internationalen Unterhaltungskino.
Machwerke am Laufband
Wie kaum ein Zweiter haut Luc Besson seit Jahrzehnten halbgare Drehbücher raus, die dann von seinen Apologeten verfilmt werden. Rund alle zwei Jahre verfilmt er in Eigenregie seine Machwerke, die in der Regel über eine anständige Actionszene verfügen, die dann entsprechend im Vorfilm inszeniert wird und gutgläubige Menschen wie den Schreibenden anlocken. So auch in «Anna», dem nach «Nikita» mit Anne Parrillaud und «Lucy» mit Scarlett Johansson dritten Geschichtchen um eine schöne Frau, die unter misslichen Umständen in die Fänge von machtgierigen Kerlen gerät und zu einer lebenden Waffe ausgebildet wird. Dazu ein paar voyeuristische Szenen, in denen die leichtbeschürzte Dame ihres tödlichen Amtes waltet. Und schon ist der nächste Besson-Schnellschuss parat, abgefeuert zu werden.
In «Anna» ist es das russische Topmodell Sasha Luss. Die neue wohlgeformte Muse Bessons schlägt sich als Drogensüchtige durch, bevor sie vom russischen Geheimdienst KGB angeheuert und ausgebildet wird. Sie wird als Mannequin in eine Pariser Agentur eingeschleust und immer wieder auf tödliche Missionen geschickt. Dabei gerät sie zwischen die Fronten der Geheimdienste Russlands und der USA. Mit viel Körpereinsatz verdreht sie ihrem KGB-Vorgesetzten Alex Tchenkov (Luke Evans) und dem CIA-Agenten Lenny Miller (Cillian Murphy) den Kopf, denn schliesslich muss sie ja ihren eigenen Weg gehen – wie ihre cineastischen Vorgängerinnen auch.
An den weltweiten Kinokassen hat «Anna» gerade mal die Produktionskosten eingespielt. Die Veröffentlichung auf DVD und die TV-Rechte werden noch etwas reinspülen, aber ein Hit ist der letzte Streich Bessons bei weitem nicht. Vielleicht hat er die gleiche Geschichte schlicht einmal zu oft verkauft.
Anna von Luc Besson, mit Sasha Luss, Luke Evans und Cillian Murphy, DVD/Blue Ray, Ascot-Elite