Die Sexualmedizinerin Eliane Sarasin beantwortet Ihre Fragen zu Liebe, Partnerschaft und Sexualität – ohne Tabus und falsche Scham.
«Seit einiger Zeit habe ich beim Geschlechtsverkehr solche Schmerzen, dass ich Sex lieber ganz vermeide. Dabei hatten mein Partner und ich früher ein reges Liebesleben. Woran könnte mein Problem liegen? Ich weiss, ich sollte meine Frauenärztin darauf ansprechen. Aber das ist mir unangenehm.» Karin (60)
Ich bin froh, dass Sie dieses Problem zum Thema machen, denn solche Beschwerden werden allzu oft tabuisiert. Mit grosser Wahrscheinlichkeit kommen Ihre Symptome vom Östrogenabfall in der Menopause. Um auszuschliessen, dass nicht doch eine andere Ursache (wie zum Beispiel ein Infekt) vorliegt, sollten Sie sich unbedingt untersuchen lassen. Und wenn es, wie ich vermute, tatsächlich am Östrogenmangel liegt, hat Ihre Frauenärztin eine ganze Palette von Möglichkeiten, um Ihnen zu helfen.
Bei Patientinnen in der Menopause sehe ich häufig, dass die Vaginalschleimhaut nicht mehr gut durchblutet ist. Sie wirkt weniger rosig, ist trocken und verletzlich. Dann frage ich ganz direkt: Ist das nicht unangenehm? Tut es vielleicht sogar weh beim Sex? Nicht nur die Vagina ist betroffen, sondern auch Harnröhre und Blase. Die Frauen bekommen häufiger Blasenentzündungen, insbesondere nach dem Sex, müssen öfter aufs WC und können manchmal den Urin fast nicht zurückhalten. Man spricht dann von Dranginkontinenz. Einige Frauen sagen auch, dass ihnen enge Hosen plötzlich unangenehm seien oder das Velofahren. Manchmal entstehen kleine Risse am Scheideneingang, die beim Wasserlassen tagelang brennen können.
Dieses Beschwerdebild nennt man urogenitales Menopausen-Syndrom. Andere Wechseljahrs-Symptome wie Hitzewallungen werden mit der Zeit meist von selbst wieder besser. Das gilt nicht für Schleimhaut- und Blasenprobleme. Umso wichtiger ist es, dagegen etwas zu tun, sonst werden sie immer schlimmer.
Schritt eins der Behandlung ist das regelmässige Befeuchten von Vulva und Vagina. Es gibt dafür spezielle Produkte, die man rezeptfrei in der Apotheke oder Drogerie kaufen kann. Ebenso gut können Sie auch Mandel- oder Kokosöl verwenden. Nehmen Sie ein Öl, dessen Duft Sie mögen und das Ihre Haut gut verträgt. Tragen Sie es aussen auf der Vulva und auch innen in der Vagina auf und massieren Sie es etwas ein. Das verbessert die Durchblutung, macht die Haut geschmeidig, und Sie stellen damit einen guten Kontakt zu sich selbst her. Bauen Sie diese Routine in Ihre tägliche Körperpflege ein, dann wird sie bald ebenso selbstverständlich sein wie das Auftragen einer Feuchtigkeitscreme fürs Gesicht.
Einigen Frauen reicht regelmässiges Befeuchten schon aus. Andere brauchen zusätzlich lokal wirksame Östrogen-Präparate. Das sind Zäpfchen, Salben oder Tabletten, die im Gegensatz zu einer normalen Hormonersatz-Therapie nicht im ganzen Körper wirken, sondern nur im Genitalbereich, und deshalb auch nicht dieselben Risiken und Nebenwirkungen haben. Diese Mittel sind rezeptpflichtig und werden von der Krankenkasse bezahlt. Ich verordne sie sehr grosszügig, wenn hormonfreie Präparate allein nicht genügend Linderung bringen. Sogar nach einer Brustkrebs-Erkrankung können Frauen sie nach Absprache mit ihrem behandelnden Arzt oder der Ärztin anwenden.
Wenn Öle, Salben und Zäpfchen nicht genügen, oder eine Frau keine Hormone nehmen will oder darf, dann gibt es noch den Vaginal-Laser. Dieser stabförmige Laser, der wie ein Dildo in die Vagina eingeführt wird, ritzt schmerzlose Mikroverletzungen in die Schleimhaut und kurbelt so die Regeneration an. Die Durchblutung wird wieder besser und die Vagina feuchter und elastischer. Allerdings ist die Behandlung recht teuer, und sie wird nur in Ausnahmefällen von der Krankenkasse übernommen.
Generell haben Frauen, die sexuell aktiv bleiben, weniger Probleme mit trockenen Schleimhäuten, weil Erregung und Reibung beim Geschlechtsverkehr für eine bessere Durchblutung im Becken sorgen. Nebst der täglichen Pflege empfehle ich die Anwendung von Gleitgel beim Sex. Es gibt ausgezeichnete Produkte auf Silikonbasis, die länger und besser wirken als jene auf Wasserbasis. Rutschen Sie nach dem Sex aber nicht in der Dusche aus!
- Hier lesen Sie ein Interview mit unserer Expertin, und hier finden Sie die anderen Beiträge dieser Rubrik.
- Mehr zum Thema Liebe und Sexualität finden Sie in unserem Dossier: «Liebe ist…»
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