Viele Eltern möchten ihr Wohneigentum für die Kinder sichern. Das ist besonders verständlich, wenn eines der Kinder bereits im Elternhaus wohnt. Eine Schenkung will jedoch gut überlegt sein.
Frage: «Vor zwei Jahren sind wir in eine Alterswohnung gezogen. In unserem eigenen Haus wohnt seither unsere Tochter mit ihrer Familie zur Miete. Gern möchten wir ihr – früher oder später – das Haus überlassen. Allerdings hat sie nicht die finanziellen Möglichkeiten, es uns abzukaufen. Wie gehen wir vor? Ist eine Schenkung eine Möglichkeit? Unsere andere Tochter soll jedoch nicht zu kurz kommen …»
Antwort Prof. em. Dr. iur. Fritz Rapp: Man erlebt es oft in der Rechtsberatung: Die Rechtssuchenden stellen eine Frage und erwarten eine schnelle und eindeutige Antwort. Sie sind dann enttäuscht, wenn sie mit Rückfragen konfrontiert werden und zwischen verschiedenen Lösungsmöglichkeiten auswählen müssen. So ist es auch bei dieser Frage, die ich als Rechtsberater etwa so beantworte:
Soll die Liegenschaft erst nach dem Tod des Erst- oder Zweitversterbenden der Ehegatten an die Tochter übergehen, stellen sich Fragen des Güterrechts der Eltern und der Nachlassregelung: Gibt es einen Ehevertrag? Sind ein Testament oder ein Erbvertrag vorhanden? Soll die Liegenschaft jedoch schon vorher an die Tochter gehen, kann eine Schenkung infrage kommen. Bei der Prüfung der Frage, ob eine solche auch sinnvoll ist, werden vor allem folgende Interessenlagen zu berücksichtigen sein:
Die Tochter, die bereits als Mieterin in der Liegenschaft wohnt, ist daran interessiert, Eigentümerin zu werden. Diesem Interesse entspricht, dass ihr die Liegenschaft von den Eltern, die Eigentümer der Liegenschaft sind, möglichst bald verschenkt wird. Die Eltern sind zwar momentan nicht mehr auf ihre Liegenschaft angewiesen, da sie in eine Seniorenwohnung gezogen sind. Kann man jedoch davon ausgehen, dass diese Interessenlage von Dauer sein wird? Wollen es wirklich beide Elternteile in Kauf nehmen, auf den Wert, der in dieser Liegenschaft steckt, bis ans Lebensende zu verzichten?
Dazu folgende Überlegungen: Es ist heutzutage keine Seltenheit, dass man im Alter in ein Pflegeheim übersiedeln muss. Die Kosten vieler Heime sind derart hoch, dass sich die Frage der Finanzierung über Ergänzungsleistungen stellen kann. Solche Leistungen sind vom Vermögen abhängig. Zum Vermögen zählen dabei nicht nur die vorhandenen Vermögenswerte, sondern auch Vermögensteile, die zu einem früheren Zeitpunkt verschenkt worden sind (sogenannter Vermögensverzicht, der grundsätzlich nicht verjährt). Dieser Umstand führt dazu, dass der Rechtsberater unter Umständen davon abraten muss, Liegenschaften zu verschenken.
Die zweite Tochter der Rechtssuchenden hat das Interesse, nicht gegenüber ihrer Schwester benachteiligt zu werden. Es ist denkbar, dass die durch eine Schenkung der Liegenschaft bewirkte Ungleichbehandlung zu Unfrieden in der Familie führt – eine Gefahr, die die Eltern bei ihrem Entscheid nicht unterschätzen sollten. Die Ungleichheit sollte jedenfalls später wieder ausgeglichen werden, indem die Schenkung als Erbvorbezug betrachtet und sich die Beschenkte im Erbfall den Wert der Liegenschaft anrechnen lassen muss. Einzelheiten zu diesem Problem sollten die Eltern mit dem Notar besprechen, der bei einer Liegenschafts-Schenkung ohnehin beizuziehen ist.
Sprechstunde bei der unentgeltlichen Rechtsberatung von Pro Senectute beider Basel nach telefonischer Vereinbarung. Adresse: Pro Senectute beider Basel, Luftgässlein 3, Postfach 213, 4010 Basel, Telefon 061 206 44 44, Mail info@bb.prosenectute.ch, Internet www.bb.prosenectute.ch
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