Ende September stimmen wir über die Elektronische Identität (E-ID) ab. Worum geht es dabei?
Text: Marc Bodmer
«Wer die Demokratie heute schützen will, muss sie weiterentwickeln. Die E-ID ist das dringend benötigte Update dafür», schreibt Daniel Graf auf seinem Linkedin-Profil. Graf, der sich selbst als Demokratie-Aktivist und KI-Bastler beschreibt, war nicht immer von der Idee der E-ID begeistert: «2019 bekämpfte ich das erste E-ID-Gesetz, um die Privatisierung zu verhindern», erinnert er sich. Die E-ID ist das digitale Pendant zum Pass oder der Identifikationskarte. Der erste Anlauf aus Bern sah vor, dass dieser digitale Ausweis von privaten Firmen herausgegeben und verwaltet wird. Damit taten sich viele zu Recht schwer. 2021 wurde die Vorlage von fast zwei Dritteln der Abstimmenden abgelehnt.
«Heute stehe ich ein für die neue E-ID», sagt Daniel Graf. «Alle unsere Kritikpunkte sind aufgenommen worden. Sie wird vom Bund herausgegeben, ist freiwillig, sicher – und schützt unsere Daten.» Nach der verlorenen Abstimmung reichten denn auch Nationalrätinnen und -räte quer durch das gesamte Parteispektrum eine Motion für eine vertrauenswürdige, staatliche E-ID ein, schreibt SP-Nationalrätin Min Li Marti auf «Inside IT».
Referendum gegen die E-ID
Weiter setzte sich die Digitale Gesellschaft, ein seit 2011 aktiver Verein für Bürger- und Konsumentenschutz im digitalen Zeitalter, für die Neuauflage ein. Zu dessen langjährigen Engagements zählen Grundpfeiler der Online-Welt wie Netzneutralität, Datenschutz und -sicherheit, Meinungs- und Informationsfreiheit sowie Digitale Demokratie. Damit kämpft die Digitale Gesellschaft auch gegen unverhältnismässige Überwachung, Zensur und Netzsperren. Wie schon bei der ersten Abstimmung zur E-ID wurde das Referendum ergriffen. Es kam Anfang Mai zustande.
Dieses Mal regte sich Widerstand aus der Piratenpartei, der jungen SVP und Pandemie-Massnahmengegnerinnen und -gegnern, die ins Feld führen, dass ein Ausweiszwang vor der Tür stehe und der Datenschutz mangelhaft sei: «De Facto wird die E-ID schrittweise zur Voraussetzung für die Nutzung des Internets und die Ausübung demokratischer Rechte, was die Frage nach der tatsächlichen Freiwilligkeit aufwirft», schreibt die Piratenpartei auf ihrer Website.
Sie führt als Hinweis darauf an, dass das neue Jugendschutzgesetz eine Altersverifikation aller Nutzenden von Video- und Gaming-Plattformen vorsehe. Auch soll ein «Vorstoss im Bundeshaus» die Identifizierung aller Kommentatoren auf Nachrichtenseiten verlangen. Darüber wird im Ständerat beraten. Ob es je so weit kommt, steht auf einem anderen Blatt.
Digitales Pendant zum Pass
Reto Vogt, IT-Kenner und Studiengangleiter «Digitale Medien & KI» am Institut für Journalismus und Kommunikation MAZ teilt diese Befürchtungen nicht. Auf der Plattform «Das Netz ist politisch» hält er fest: «Die digitale Identität ist kein Mittel zur Überwachung, keine Eintrittskarte für soziale Medien und auch kein Tool für Abstimmungen (E-Voting). Sie ist ganz einfach ein digitales Pendant zum Pass oder zur ID. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und sie funktioniert nur dort, wo man sie freiwillig einsetzen will: beim Einloggen in Kundenportale, beim Bezug von Behördenleistungen, beim digitalen Unterschreiben.![]()