Raus aus dem Alltag, um Neues auszuprobieren – diesmal: Maximilian Jacobi steigt in eine Rüstung und versucht sich im Kampf mit einem Langschwert.
Die Jacke ist feucht, warm und riecht wie eine ungewaschene Radlerhose, als ich sie anziehe. Ich wünschte, es wäre mein Schweiss, der sie tränkt – und nicht Valentins. «Sorry für den Gestank», sagt er, als er mir den Reissverschluss zuzieht. «Passt», presse ich hervor. Die Fechtjacke ist eng wie ein Korsett.
Sich zu beklagen wäre undankbar, immerhin leiht mir Valentin seine Ausrüstung, um mir den Kampf mit dem Langschwert beizubringen. Als er mir die Waffe reicht, fällt mir der lange Griff auf. Das Langschwert wird offenbar beidhändig geführt. Während ich auf die Waffe in meinen Händen starre, wandert Valentins Zeigefinger von unten nach oben: «Ok, statt Schwert sagen wir Feder, das hier sind Pommel, Parierstange, der Ort.»
Der Ort? Das bezieht sich nicht auf die Turnhalle, in der wir gerade trainieren – sondern auf die Spitze des Schwerts, ein Fachbegriff der Blankwaffenkunde. Mit meinem Latein komme ich hier nicht weit.
«Zuerst der Oberhau», sagt Valentin. Er zeigt mir, wie ich mit dem Schwert imaginäre Gegner von oben nach unten spalte. «Der wichtigste Schlag.» Ich probe ihn, mal links, mal rechts. Dann der «Unterhau» – dasselbe, nur haue ich von unten nach oben. Es folgen weitere Schlag- und Abwehrtechniken. Eigentlich ist es wie Ritter spielen. Nur wie Erwachsene eben spielen – also mit Regeln, Schutzkleidern und feierlichem Ernst.
Jetzt geht es los. Ich lege die restliche Ausrüstung an. Als ich meinen Kopf in Valentins Fechtmaske pfropfe, fallen mir gleich zwei Dinge auf. Wie wenig man durch das Gitter sieht. Und der Geruch: Valentin raucht offenbar.
Vincent, einer von Valentins Vereinskollegen, wird mir als Gegner zugeteilt. Während meinen Trockenübungen, drosch Vincent auf jemand anderen ein. Dabei klirrte und schepperte es so laut, dass es den Trommel-Kurs übertönte, der gerade im Raum nebenan stattfindet. Beruhigt stelle ich fest, dass Vincent ein Kopf kleiner ist als ich. Wir kreuzen die Schwerter.
Hiebe treffen meine Arme und Hände, Stiche bohren sich in meinen Oberkörper, ein Schlag landet – «Pock» – auf meinem Helm – ich versuche zu parieren, ohne über meine Beine zu stolpern. Als Vincent sich für das Duell bedankt, fühle ich mich wie ein ausgeklopfter Teppich. Ich verstehe nicht, wie man auf die Idee kommt, ein Schwert «Feder» zu nennen.![]()
Historisches Fechten kann mittlerweile fast überall in der Schweiz trainiert werden. Es umfasst unter anderem den Kampf mit Langschwertern, Säbeln, Speeren und Dolchen. Vereine in Ihrer Nähe finden Sie unter swisshema.ch