Ums Essen ranken sich enorm viele Mythen. Ernährungsberaterin Andrea Cramer erklärt, welche stimmen und welche nicht.
Text: Roland Grüter Kaffee entzieht dem Körper Wasser: Koffein regt die Nierentätigkeit zwar tatsächlich an – und wirkt dadurch harntreibend. Doch dieser Effekt wurde lange Zeit massiv überschätzt. Ein angemessener Konsum (vier bis fünf Tassen pro Tag) führt zu einem weit geringeren Harnverlust als angenommen – und ist kaum von Bedeutung. Ausserdem verringert sich die Wirkung von Koffein, wird er regelmässig konsumiert. Der Körper gewöhnt sich daran und reagiert weniger stark. Kaffee ist folglich sogar ein tauglicher Flüssigkeitslieferant. Wer jeweils dazu ein Glas Wasser trinkt, ist in doppelter Hinsicht bestens versorgt.
Abends essen macht dick: Abendliche Mahlzeiten machen per se nicht dick, denn der Kaloriengehalt der Mahlzeiten wirkt über den Tag immer gleich. Liegt deren Gesamtwert regelmässig über dem Bedarf, wird der Überschuss als (Fett-)Reserve eingelagert: Das Gewicht steigt. Da wir zu später Stunde aber meist relaxen und ruhen, ist der Körper in dieser Zeit nur bedingt auf die Zufuhr von Kalorien angewiesen. Es macht weit mehr Sinn, diese in die aktiven Phasen zu legen. Darüber hinaus: Wer abends viel isst, bringt sich womöglich um einen erholsamen, tiefen Schlaf. Zurückhaltung macht durchaus Sinn.
Gekeimte Kartoffeln und Zwiebeln sind schädlich: Grüne Stellen und Keimansätze an Kartoffeln enthalten giftiges Solanin, das Magenbeschwerden, Kopfschmerzen, Übelkeit oder Durchfall bewirken kann. Sind wenige Areale davon betroffen, können sie grosszügig weggeschnitten werden. Sind sie jedoch gross, sollte man Kartoffeln wegwerfen – insbesondere, wenn die Keime bereits grösser gewachsen sind oder die Kartoffeln gar bitter schmecken. Bei keimenden Zwiebeln besteht jedoch keine Gefahr. Sie bringen einzig weniger Frische und Geschmack auf die Teller. Das keimende Grün kann man sogar verarbeiten, ähnlich wie bei Frühlingszwiebeln.
Vorliebe für Zucker ist angeboren
Zucker macht süchtig: Zucker macht uns nicht süchtig, wie es klassische Drogen tun. Eine Präferenz dafür ist uns angeboren und machte in Urzeiten sogar Sinn. Dadurch konnten wir reife und ungiftige Nahrungsmittel unterscheiden. Regelmässiger Zuckerkonsum führt aber zu einer Gewöhnung und vermittelt uns in vielerlei Hinsicht ein gutes Gefühl – auch auf emotionaler Ebene. Deshalb greifen wir immer wieder darauf zurück. Im Übermass und falsch eingesetzt ist er gleichzeitig auch hormonwirksam und löst Hunger, ja sogar Heisshunger aus. Wer mit einem Schlag komplett auf Zucker verzichtet und die dadurch entstehende Kalorienlücke nicht mit hochwertigen Lebensmitteln füllt, leidet unter Hunger und «Gluschtattacken». Das erinnert an die Symptome eines Entzugs. Daher kommt vermutlich die Meinung, Zucker mache süchtig.
Spinat und Pilze soll man niemals aufwärmen: Dieser Mythos stammt aus Zeiten, in denen es noch keine Kühlschränke gab und Mikroben Lebensmittel schnell verunreinigten und damit ungeniessbar machten. Bei einer raschen Kühlung und einer Lagerung unter 5 °C spricht nichts gegen das Aufwärmen von Spinat- und Pilzgerichten – bis maximal drei Tage. Die Speisen sollten aber auf mindestens 70 °C erhitzt werden.
Olivenöl schützt vor Herzinfarkt: Olivenöl ist unbestritten ein qualitativ hochstehendes Öl, und deren fein abgestimmter Mix an Fettsäuren wirkt Gefässverkalkungen (Arteriosklerose) tatsächlich entgegen. Ausserdem ist das Öl antioxidativ, entzündungs- und gerinnungshemmend, es beugt Herzerkrankungen vor und schützt uns vor einem Infarkt.
Karotten sind gut für die Augen: Karotten enthalten Betakarotin, dieses wird im Körper in Vitamin A umgewandelt. Und Vitamin A ist tatsächlich unabdingbar für unsere Sehkraft. Betakarotin kommt allerdings in nahezu allen Pflanzen vor, besonders in grünen, gelben und orangen Gemüse- sowie Früchtesorten. Der spezielle Bezug zu Karotten ist vermutlich auf den verwandten Namen Karotin zurückzuführen.
Milch hält die Knochen tatsächlich fit
Milch stärkt die Knochen: Manche glauben, der Ruf von Milch sei besser als sein Gesundheitswert. Jedoch: Milch enthält enorm viel Kalzium. Dieses ist neben Vitamin D und Bewegung ausschlaggebend für den Knochenaufbau und ein wichtiger Faktor, die Knochenstruktur fit zu halten. Somit kann die Aussage bestätigt werden.
Zu viel Salz ist ungesund: Ja und nein. Es gibt zwar einen Zusammenhang zwischen einem hohen Salzkonsum und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Denn Blutdruck kann sensibel auf Salz reagieren und als Folge davon ansteigen. Dies ist jedoch nicht bei allen Personen der Fall. Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO lautet deshalb, sich auf fünf Gramm Salz pro Tag zu beschränken.
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