© Klaus-Peter Kappest

Nordlichtalarm

Postschiffe der norwegischen Küste sind bekannt für ihre malerischen Routen durch die raue Landschaft Norwegens. Die Zeitlupe-Reise auf der Havila Pollux führt von Bergen über 34 Häfen nach Kirkenes. Naturwunder und kulturelle Schätze sorgen für bleibende Erinnerungen.

Text: Jessica Prinz

Es ist ziemlich genau zehn Jahre her, als ich das letzte Mal in Norwegen war. Damals reiste ich in meinem alten VW-Bus vom Nordkap entlang der norwegischen Küste nach Hause zurück. Ich weiss noch, wie anstrengend es ohne Servolenkung war, die steilen Passstrassen mit ihren unzähligen Serpentinen zu überwinden, um von Fjord zu Fjord zu gelangen. Als Bergmädchen fühlte ich mich in dieser Landschaft aber trotzdem heimisch und wohl.

Jetzt bin ich erneut vor Ort und wieder fühlt sich das Ankommen auf skandinavischem Boden vertraut an. In Bergen empfängt mich ein Farbenmeer aus Holzhäuschen – und die Sonne. Das ist nicht selbstverständlich in der Regenhauptstadt Europas. Hier kennt man neben dem Nieseln, Prasseln und Plätschern noch 24 andere Arten von Regen. Von meinem letzten Besuch weiss ich aber, dass die Stadt bei Wolkenbruch ebenso charmant ist und kulturell einiges zu bieten hat. Und ein Spaziergang durch die engen Gassen des historischen Stadtteils, des UNESCO-Weltkulturerbes «Bryggen», bei jedem Wetter ein Erlebnis.

Postschiff an der Küste Norwegens im Abendrot
Der Nordlichtalarm an Bord des Schiffs stellt sicher, dass man die Schönheit der Nordlichter nicht verpasst.© Martin Giskegjerde / Oclin

Anders als vor zehn Jahren reise ich dieses Mal nicht in einer alten (wenn auch sehr liebenswürdigen) Blechkiste, sondern besteige in Bergen ein schwimmendes Hotel. Die Havila Pollux, die im Mai 2023 erstmals auf der traditionellen Hurtigrute unterwegs war, wird als überaus umweltfreundlich beworben. Sie wird mit Naturgas betrieben und verfügt über ein enormes Batteriepaket. So kann sie bis zu vier Stunden lang im Batteriebetrieb und damit emissionsfrei in den geschützten Fjorden der Küstenregion unterwegs sein.

An Bord sorgt das skandinavische Design für Gemütlichkeit. Die Kabine ist grosszügig, das ­Essen köstlich, die Crew freundlich und aufmerksam. Das Schiff hat die perfekte Grösse: Es gibt einen Shop, zwei Restaurants, eine Sauna, ein Fitnessstudio und zwei Whirlpools unter freiem Himmel. Und es ist nur gerade so gross, dass ich mich nicht verlaufe. 

Die Reise entlang der norwegischen Postschiffroute führt von Bergen über den Geirangerfjord zu den Lofoten und via Nordkap weiter nach Kirkenes. Entlang des Weges gibt es eine Vielzahl von Ausflugsmöglichkeiten. Zwischen den 34 Häfen, die mal länger, mal nur ganz kurz angefahren werden, offenbaren sich zahlreiche Natur- und Kulturerbestätten.

Das Hafenviertel Bryggen in Bergen/ Norwegen in der Dämmerung.
Bergen gilt als eine der schönsten Städte Norwegens. Selbst das Hafenviertel Bryggen ist einladend. © Christian Bäck/Huber-Images

Es geht durch prächtige Fjorde, vorbei an schneebedeckten Bergen und herzigen Dörfern. An Bord kann man die verschiedensten Ausflüge und Touren buchen. Die einen ­bevorzugen in Ålesund vielleicht eine ­Kajaktour durch die Schären oder den Art-nouveau-Spaziergang, um die ­Jugendstil-Stadt zu entdecken. Manche ziehen eine Schneemobilfahrt unter freiem Polarhimmel in Kjøllefjord vor oder Saunieren und Eisbaden in Skarvåg. Wieder andere finden Gefallen an einem Einblick in die Kultur der Samen, einem Ausflug zum Øvre Pasvik Nationalpark nahe Kirkenes oder ans berühmte Nordkap. Ich habe mich für eine Winterkreuzfahrt zum Geirangerfjord entschieden und die winterliche Kälte im dick gepolsterten Overall genossen – und die Bergstrasse entdeckt, der ich damals gefolgt bin, um in den berühmten Fjord zu gelangen, der ebenfalls von der UNESCO geschützt ist.

Nordkap
Nordkap © adobestock

Reist man im Herbst oder Winter entlang der Küste Norwegens, wenn die Nacht früh hereinbricht und lang anhält, kann man fast sicher sein, dass man das bunte Nordlicht am Himmel entdecken wird. Denn die Havila Pollux verfügt über einen cleveren Nordlicht-Alarm: Aktiviert man diesen auf dem Telefon in der Kabine, wird man rund um die Uhr darauf aufmerksam gemacht, wenn Polarlichter – die auf dem Handybildschirm übrigens noch viel bunter erscheinen – am Himmel tanzen.

So kommt es, dass mich im Tiefschlaf eine freundliche Stimme auf das Naturspektakel aufmerksam macht. Wie in Trance bewege ich mich so schnell, wie um 3 Uhr morgens eben möglich ist, auf das oberste Deck. Ich staune und friere und weiss: Davon werde ich in zehn Jahren noch erzählen.

Postschiff unterwegs in Norwegen
© Martin Giskegjerde / Oclin

Das Reiseprogramm mit allen Details finden Sie hier.

Beitrag vom 13.05.2024

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