Magie der Mosel
Die Moselgegend in Deutschland ist reich an (Wein-) Kultur und spektakulären Landschaften. An Bord eines Flussfahrtkreuzschiffes lassen sich die vielen Schönheiten sogar sitzend bestaunen.
Ein letztes Mal giesst die Sonne ihre Strahlen in die Mosel und lässt deren Wasser aufblitzen. Die Weinberge entlang des Flussufers liegen bereits im Schatten, die Terrassen erinnern an mächtige Himmelstreppen. In den schmucken Dörfern und Städtchen werden die ersten Lichter angeknipst. Gemächlich pflügt sich die MS Antonio Bellucci der Nacht entgegen. Würde der Abendwind nicht empfindlich auffrischen, man möchte am liebsten im Liegestuhl auf dem Oberdeck verharren und die Wunder der Natur bis in alle Ewigkeit anschmachten.
Seit fünf Tagen trägt uns das Flusskreuzschiff übers Wasser. 430 Kilometer auf dem Rhein, 212 Kilometer auf der Mosel. Um die 20 Schleusen liegen zwischen Basel und der deutschen Stadt Trier. An Bord befinden sich 120 Gäste. Für neun Tage vereinen sie sich an Bord des schwimmenden Gastbetriebes zu einer grossen Familie. Die über 80-jährige Margrit ist da, ihre Freundin aus Winterthur ebenso. «Hallo, wie gehts?» – «Kommst du heute auch mit auf den Ausflug?» – «Gell, wir treffen uns nach dem Abendessen zu einem Schlummi.»
Auf Flusskreuzfahrtschiffen schliessen sich die Menschen offensichtlich schneller in die Herzen als drüben, am sicheren Land. Auf unserer Leserreise können Sie Teil dieser Gemeinschaft werden. Neun Tage dauert sie und führt von Basel in die spektakuläre Flusslandschaft der Mosel mit ihrer reichen Kultur und den vielen Naturschönheiten. Die detaillierten Angaben dazu finden Sie im Programm.
Die allermeisten Gäste der MS Antonio Bellucci sind nicht zum ersten Mal auf einer Flusskreuzfahrt. Doch deren Vorteile überzeugen sie auch beim vierten, fünften Mal: einmal den Koffer auspacken, auf dem Oberdeck einen Sonnenplatz besetzen und sich von der 35-köpfigen Besatzung rund um die Uhr umsorgen lassen. Die Welt zieht derweil an uns vorbei, ohne dass wir uns aus dem bequemen Stuhl erheben müssen. Gemächlich trägt uns das Schiff durch die Natur, hin zu Schlössern, Burgen und zu den vielen Weingütern: Die Landschaft jenseits der Reling wird zum grossen Kino.
Gestern war die ehemalige Weinkönigin Janine Reichert zu Besuch an Bord. Sie brachte ein paar Riesling-Flaschen mit – und die wichtigsten Fakten zum fünftgrössten Weinbaugebiet Deutschlands. Dieses umfasst 8800 Hektaren und die steilsten Rebhänge weltweit. Die Lagen der Bremmer Calmont beispielsweise, an der wir vorbeigezogen sind, weist eine Hangneigung von 68 Grad auf und lässt sich nur über einen Klettersteig erreichen. Darin müssen die Winzerinnen und Winzer gehörig aufpassen. Der ehemalige Besitzer stürzte einst bei Hegearbeiten zu Tode, nun führen die Kinder des Verunglückten das Weingut.
60 Prozent der Rebhänge sind mit Riesling-Reben bepflanzt, gefolgt von Müller-Thurgau und Elbling, einer der ältesten Rebsorten Europas. «In einem Glas Riesling finden sich 45 Mineralstoffe», verkündet Janine Reichert stolz: «Mein Grossvater trinkt deshalb jeden Abend ein Fläschchen Wein – er ist mittlerweile 94 Jahre alt und noch immer kerngesund.» Die Zuhörerinnen und Zuhörer stutzen, dann aber erklärt die Expertin: «Moselweine sind bekannt für ihre Eleganz und ihre Leichtigkeit – im Gegenzug ist deren Alkoholgehalt weit kleiner als in anderen Weissen.» Erleichtertes Murren in der Bar der MS Antonio Bellucci. Dann: süsser die Gläser nie klingen.
Natürlich dreht sich auf einer Mosel-Flusskreuzfahrt vieles um Wein, doch längst nicht alles. Dazu sind die Orte viel zu spannend, vor denen das Schiff vor Anker geht. Überall Fachwerkhäuser, Beschaulichkeit und tausend Geschichten. Manch putziges Winzerdörfchen lernen wir auf Landgängen genauer kennen, so etwa Grevenmacher, Bernkastel oder Cochem mit seiner mächtigen Reichsburg. Auch die 170 n. Chr. erbaute Porta Nigra in Trier, das weltbekannte Stadttor, dürfen wir bestaunen – samt dem Amphitheater, den Thermen und anderen architektonischen Zeugen jener Jahre, in der die Stadt unter römischer Herrschaft stand. Die Südländer brachten damals ihre Hochkultur mit in den Norden, unter anderem auch Reben.
Nun peilen wir Koblenz an – jene Stadt also, in der Rhein und Mosel ineinanderfliessen. Wir degustieren die feinsten Pralinés der Stadt, stöbern durch Boutiquen und lassen nach kurzer Zeit auch hier unsere Seelen in der Sonne baumeln. Heute kehren wir der schönen Mosel den Rücken. Uns erwartet auf der Rückfahrt nach Basel der Mittelrhein mit seinen 56 Burgen. 30 davon sind vom Oberdeck aus zu sehen.
30 weitere Gründe, im Liegestuhl sitzen zu bleiben, sich dem Säuseln des Fahrtwinds hinzugeben und dem plätschernden Wasser zu horchen. So schön kann das Leben sein.