Ergänzungsleistungen sind für viele Seniorinnen und Senioren ein zentraler Bestandteil der Altersvorsorge. Gemäss einer neuen Studie ist davon auszugehen, dass dieses Mittel zur Existenzsicherung zu wenig bekannt ist.
Nicht alle beantragen Ergänzungsleistungen (EL), obwohl sie diese Gelder allenfalls zugute hätten. Dies ist Pro Senectute aus den landesweit über 55 000 Beratungen im Jahr bekannt. Erstmals berechnet nun eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) das mögliche Ausmass und analysiert die Gründe für den Nichtbezug von EL.
Frauen, Verwitwete und Alleinerziehende häufig betroffen
Die Auswertungen der ZHAW legen dar, dass Frauen häufiger in einer Situation des EL-Nichtbezugs sind als Männer. Ein möglicher Grund kann die Rollenteilung innerhalb der Ehe und der Familie sein. So widmeten sich die betroffenen Seniorinnen aufgrund der damaligen Lebensumstände häufiger der Kinderbetreuung und dem Haushalt, wohingegen sich die heute pensionierten Männer eher um die finanziellen Aspekte kümmerten und darum besser mit den Altersvorsorgemöglichkeiten und Ansprüchen auf Sozialversicherungsleistungen vertraut sein könnten.
Ebenfalls zeigt sich ein «schützender Effekt» der Ehe: So ist bei verheirateten Rentnerpaaren im Vergleich zu ledigen Personen im Rentenalter weniger häufig ein Nichtbezug auszumachen. Bei Geschiedenen, Alleinerziehenden und Verwitweten ist die geschätzte Nichtbezugsquote dagegen höher.
Bildung und Nationalität sind ausschlaggebend
Den stärksten Effekt auf das Nichtbeantragen von EL hat die Bildung. Etwas mehr als ein Drittel aller Pensionierten, die gar keinen Schulabschluss oder höchstens die obligatorische Schulzeit absolviert haben, beantragen keine EL, obschon sie aufgrund ihrer Lebenssituation und mit ihren Einkünften rechnerisch Anspruch darauf haben könnten. Rentnerinnen und Rentner ausländischer Nationalität sind mehr als doppelt so häufig in einer Situation des Nichtbezugs wie Schweizer Staatsangehörige.
Der EL-Rechner von Pro Senectute
Pro Senectute ist die grösste und bedeutendste Fach- und Dienstleistungsorganisation für ältere Menschen und deren Angehörige in der Schweiz. Wir beraten Seniorinnen und Senioren kostenlos in über 130 Beratungsstellen. Jede dritte Beratung dreht sich um die finanzielle Situation. Mit dem EL-Rechner von Pro Senectute können Seniorinnen und Senioren ihren Anspruch auf EL schätzen lassen: prosenectute.ch/el-rechner
Als Beweggründe, keinen Antrag zu stellen, kristallisierten sich vier Aspekte heraus:
Nichtwissen: Es herrscht ein Mangel an Informationen über diese Leistung der AHV.
Bewusster Verzicht: Man entscheidet sich aufgrund des grossen Aufwands oder weil man nicht in der Lage ist, die Formalitäten zu erfüllen, bewusst gegen einen Antrag.
Wertvorstellungen: Man möchte dem Staat nicht zur Last fallen oder auf «fremdes» Geld angewiesen sein.
Scham und Angst: Man möchte nicht als EL-Beziehende bekannt werden oder Personen ohne Schweizer Nationalität fürchten den Verlust des Aufenthaltsrechts, wenn sie EL beziehen.
Was lässt sich aus den Ergebnissen der Studie schliessen? Einerseits müssen Ergänzungsleistungen weiter enttabuisiert werden. EL sind Teil der ersten Säule und tragen so zur verfassungsmässig garantierten Existenzsicherung im Alter bei. Andererseits muss das Wissen über die EL verbessert werden. Dies mit Informationen über deren Existenz, aber auch über mögliche Ausschlusskriterien wie den Vermögensverzicht.
Pro Senectute hilft
Bei der Auswertung der Befragung zeigte sich auch, dass das Eingebundensein in ein gutes Umfeld wie auch Organisationen der Altershilfe eine wichtige Rolle beim Beantragen von EL spielen. Fehlen im persönlichen Umfeld helfende Kontakte, sind die Hürden für einen EL-Antrag entsprechend höher. Hier nimmt Pro Senectute weiterhin eine wichtige Rolle ein. Die Beratung von Pro Senectute steht allen Seniorinnen und Senioren kostenlos zur Verfügung – nicht nur, wenn es um die finanzielle Situation geht, aber insbesondere dann.
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