Annemarie Schwarzenbach als Fotografin
Eine Podcast-Serie des Berner Zentrums Paul Klee ergänzt die aktuelle Ausstellung über das fotografische Werk der Schriftstellerin und Reporterin Annemarie Schwarzenbach.
Schriftstellerin, Journalistin, Fotografin, Reisende: Annemarie Schwarzenbach ist eine der schillerndsten Figuren der modernen Schweizer Kulturgeschichte. Ihre Bilder und Texte dokumentieren die gewaltigen Umbrüche, Spannungen und Konflikte der 1930er-Jahre: Die Nachwirkungen der Weltwirtschaftskrise, die Hoffnungen auf gesellschaftlichen Fortschritt, die Folgen von Modernisierung und Industrialisierung, die Bedrohung durch den Faschismus oder die europäische Faszination für den «Orient».
Zum ersten Mal in der Schweiz widmet sich das Zentrum Paul Klee spezifisch dem noch relativ unbekannten fotografischen Werk Schwarzenbachs. Die Ausstellung «Aufbruch ohne Ziel. Annemarie Schwarzenbach als Fotografin» ist noch bis am 9. Mai 2021 im Zentrum Paul Klee in Bern zu sehen.
In der Podcast-Serie zur Ausstellung diskutiert Kurator Martin Waldmeier mit wechselnden Gästen Fragen wie: Welchen Blick hat Annemarie Schwarzenbach auf die Welt? Wie ist sie von den Konventionen ihrer Zeit und ihrem Umfeld geprägt? Wo löst sie sich von diesen Konventionen, geht eigene Wege? Und inwiefern spiegelt sich in den Bildern, die sie aufgenommen hat, die Frau hinter der Kamera?
Folge 1
Viele Menschen sind von der abenteuerlichen, aber auch tragischen Biografie Annemarie Schwarzenbachs fasziniert. Schwarzenbach gehörte einer der wohlhabendsten und mächtigsten Schweizer Familien der Zwischenkriegszeit an und stand zugleich zeitlebens mit dieser in Konflikt. Kaum jemand kennt sich mit der Biografie und der Familiengeschichte Annemarie Schwarzenbachs besser aus als Alexis Schwarzenbach, Historiker und Grossneffe der Autorin. Er spricht über Schwarzenbachs behütete Kindheit, ihr schwieriges Verhältnis zur Mutter, ihre Wege zur Fotografie und die tragische Geschichte ihres frühen Todes — und was danach passierte.
Folge 2
Der Iran spielt eine wichtige Rolle im Werk von Annemarie Schwarzenbach. Mitte der 1930er-Jahre hat sie das Land mehrfach bereist und sich vorübergehend in der Hauptstadt Teheran niedergelassen. Wie Schwarzenbach den sogenannten «Orient» in ihren Texten und Bildern dargestellt hat, wie der Iran zum Fluchtpunkt europäischer Künstlerinnen, Künstler und Intellektueller wurde, warum der Begriff «Orient» problematisch ist und wie differenziert Schwarzenbach die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse im Land wahrgenommen hat, darüber spricht der Literaturwissenschaftler und Journalist Behrang Samsami aus Berlin.
Folge 3
In den USA schärft Annemarie Schwarzenbach ihr fotografisches Auge für gesellschaftliche Themen. Sie interessiert sich für die Verlierer (und speziell auch die Verliererinnen) des amerikanischen Traums, die Ausbeutung der Arbeiterschaft, die sozialen Folgen der Wirtschaftskrise und die politischen Reformbewegungen der 1930er-Jahre – aber auch für die Quellen des eigenen familiären Reichtums. Warum es Schwarzenbach besonders in die Südstaaten zog und wie Fotografie politisch sein kann, darüber spricht die Fotohistorikerin Bettina Gockel, Professorin für Kunstgeschichte an der Universität Zürich.