Während die Geschäfte geschlossen waren, florierte der Online-Handel. Doch wo es um Geld geht, sind Kriminelle und anderer Ärger nicht weit.
Für seinen Garten suchte der Kollege Rolf eine Hängematte. Auf der Website haengdichrein.ch wurde er fündig. Der Preis war erst noch von CHF 120.– auf CHF 89.90 heruntergesetzt. Ein Schnäppchen, dachte er sich. Er bestellte und prompt wurde geliefert. Alles bestens, bis der Postbote ein zweites Mal klingelte und eine Zollrechnung überreichte.
Haengdichrein.ch ist nicht, wie die Web-Adresse mit der Endung «.ch» und die Preisangaben in Schweizer Franken vermuten lassen, eine Schweizer Firma. Der Firmensitz des fiktiven Unternehmens liegt vielmehr in Hannover, Deutschland, und von da wird auch die Ware über die Landesgrenze in die Schweiz geschickt.
Grundsätzlich müssen sämtliche Waren, die aus dem Ausland in die Schweiz kommen, verzollt werden. Weiter fällt Mehrwertsteuer (MWSt) an. Beträgt die MWSt weniger als CHF 5.–, so gilt sie als abgabefrei. Immer vorausgesetzt, der Warenwert ist für die Post gut sichtbar auf dem Paket angebracht. Falls dem nicht so ist, wird die Post die Verpackung öffnen müssen, was zu Kosten von CHF 13.– führt, wenn auch im Innern keine Deklaration ersichtlich ist und der Warenwert abgeklärt werden muss. Steht dieser fest, kommen Verzollungsgebühren und ein Warenwertzuschlag von 3 Prozent dazu.
Diesen Ärger und vor allem die Spesen kann man sich sparen, wenn man auf der Website das Impressum aufruft. Dort ist der Geschäftssitz des Online-Händlers sichtbar. Liegt dieser im Ausland, können obengenannte Kosten anfallen. Es gibt aber auch ausländische Anbieter, die entsprechende Gebühren bereits in den Preisen, die sie in Schweizer Franken angeben, verrechnet haben. Wer nicht sicher ist, kann dem Online-Händler eine Mail schicken oder diesen telefonisch kontaktieren. So spart man sich böse Überraschungen und Geld.
Anstieg von Fälschungen
Pakete werden an der Grenze aber auch aus anderen Gründen geöffnet: Der Import von gefälschter Ware in die Schweiz ist verboten. Besonders Fälschungen haben in Zeiten des florierenden Online-Handels zugenommen. Kriminelle locken mit vermeintlichen Corona-Impfstoffen oder Kopien von Luxusgütern. Kürzlich schrieb die «Neue Zürcher Zeitung» dazu: «Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) hat eine Studie in Auftrag gegeben, die demnächst veröffentlicht wird. Daraus ist erst eine Zahl bekannt: 4 Milliarden Franken. Um diesen Umsatz sind Schweizer Unternehmen laut Berechnungen der OECD im Jahr 2018 durch Fälschungen betrogen worden.»
Gemäss der Schweizer Vereinigung «Stop Piracy» wurden am Zoll im vergangenen Jahr über 4400 Sendungen mit gefälschter Ware festgehalten. Das ist absoluter Rekord und liegt rund 1500 Sendungen über dem Stand von 2019. Neben Handtaschen, Reisetaschen und Portemonnaies sind Uhren und Schmuck die begehrtesten Waren. Die über 6700 konfiszierten Sendungen mit gefälschten Medikamenten stehen auf einer separaten Liste.
Natürlich geht es noch dreister. Gemäss dem Bundesamt für Polizei Fedpol gibt es immer mehr professionell gestaltete Websites, die verlockend günstige Waren feilbieten. Wer hier etwas bestellt und bezahlt, bekommt nicht einmal eine Fälschung und hat den Betrügern erst noch persönliche Daten geliefert. Das Fedpol empfiehlt: «Nehmen Sie die Preise unter die Lupe. Bevor Sie etwas bestellen, fragen Sie sich, ob das Angebot nicht zu gut klingt, um wahr zu sein.» ❋
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