Über Fluch und Segen von Künstlicher Intelligenz und warum man sich dafür interessieren sollte.
Text: Marc Bodmer
Unkenrufe über die Gefahren eines Massenmediums gehören zu dessen Kinderkrankheiten – angefangen beim Buchdruck über Fotografie, Film und Rock‘ n’Roll zu Comics, Games und heute Künstlicher Intelligenz (KI).
Neue Strategien gefragt
Doch im Vergleich zu den früheren Medien verfügt KI über eine gewisse Selbstständigkeit. Die Algorithmen sind in der Lage, eigene Texte – wohl auf Basis bereits existierender Schriftstücke – zu kreieren, Moleküle in der Forschung zu kombinieren, Muster in der Krebsmedizin zu erkennen und vieles mehr. Darum sind bisherige Strategien, wie man damit umgehen soll (einmal abgesehen von kritischer Medienkompetenz) nur beschränkt anwendbar. Und: Wer heute –als Arbeitnehmer oder -geberin – mithalten will, muss Künstliche Intelligenz gekonnt in den Alltag einbinden.
Erwartungsgemäss ernüchternd fielen denn auch die kürzlich publizierten Ergebnisse einer Studie des Massachusetts Institute of Technology aus: Wer seine Arbeit von Beginn weg mit Hilfe von ChatGPT und Co. erledigt, hat keinen Bezug zu ihr, kann sich kaum an Formulierungen oder Inhalte erinnern. Die Resultate zeigten aber auch, dass der spätere Beizug von KI – nach einem Entwurf oder einer ersten Fassung, die auf persönlicher Denkleistung basiert –, die Hirnaktivität am meisten stimuliert, und die Arbeiten gar überdurchschnittlich ausfallen.
Tückisches Maschinenlernen
Dass wir noch am Anfang der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz stehen, zeigt sich einerseits daran, dass kaum eine Woche vergeht, ohne dass ein neues Start-up oder eine KI auf den Markt kommen. Andererseits erweist sich das Maschinenlernen weiterhin als tückisches Feld wie jüngst Grok, die KI von Elon Musk, zeigte. Ähnlich wie Musk liess sich Grok Anfang Juli zu antisemitischen Äusserungen hinreissen und lobte Hitler, weil dieser keine halben Sachen mache. xAI, die Entwicklerfirma hinter dieser ungezügelten KI, versucht, Grok künftig besser im Zaum zu halten. Doch das dürfte nicht einfach werden, ist doch Elon Musk ein kompromissloser Verfechter der Meinungsäusserungsfreiheit und lässt Grok zwischenzeitlich Videos von lasziv gekleideten Engeln kreieren.
Anschluss nicht verpassen
Eine sehr erfreuliche Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine zeigt sich – wie eingangs erwähnt – in der Krebsforschung. Radiologen, die mit der Unterstützung von KI arbeiten, können Mammografien schneller und präziser analysieren. Auch in der Entwicklung von neuartigen Medikamenten, die gezielter eingesetzt werden können, ist Künstliche Intelligenz die treibende Kraft und in verschiedenen Bereichen massgebend an der erfolgreichen Bekämpfung von Krebs beteiligt.
Unabhängig davon, ob man die Entwicklungen in Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz begrüsst oder nicht: Langweilig sind sie auf keinen Fall. Noch stehen wir am Anfang, und es lohnt sich, den Anschluss nicht zu verpassen. ![]()